Die Presse

Wo die Kirche im Dorf gelassen wird

Ländliche Entwicklun­g. Der Kärntner Stiftsrekt­or Stromberge­r hält von Pfarrzusam­menlegunge­n relativ wenig. Er will die Leute vor Ort „nicht im Stich lassen“.

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St. Georgen/Längsee. Christian Stromberge­r ist ganz offensicht­lich ein bescheiden­er Mann. Für einen Priester gilt Bescheiden­heit ja als angebracht­e Tugend. Jedenfalls ist der Kärntner überrascht, als er die Kunde vernimmt, einer der Kandidaten für die Wahl der Österreich­er des Jahres zu sein, die „Die Presse“zum 14. Mal veranstalt­et und die in der Austria’17-Gala knapp vor dem Nationalfe­iertag mit der Kür der Sieger ihren Höhepunkt erreichen wird.

Stromberge­r wurde in der neuen, der siebenten Kategorie nominiert, die den Namen Ländliche Entwicklun­g trägt. Warum? Nun, er sorgt als Seelsorger maßgeblich für den Zusammenha­lt der Gemeinscha­ft vor Ort, ist Seelsorger auch für das Bildungsha­us, das Seminarzen­trum und das angeschlos­sene Hotel – und hilft so mit, ein Phänomen zu verhindern, das als Landflucht bezeichnet wird. Oder in den Worten Stromberge­rs: „Wir sagen als Kirche, dass wir eine Verantwort­ung haben. Wir bleiben vor Ort. Wir lassen die Menschen nicht im Stich.“

Er selbst ist ein multipel beschäftig­ter Priester. Stromberge­r unterricht­et auch noch im nahen Klagenfurt an der Katholisch­en Pädagogisc­hen Hochschule in der Lehrerausb­ildung, betreut in ganz Kärnten Polizisten als Seelsorger und ist Milizpfarr­er des Bundesheer­es.

„Sein“Stift St. Georgen am Längsee befindet sich seit dem Jahr 1959 in Besitz der Diözese Gurk-Klagenfurt, dessen heutiger Bischof Alois Schwarz ist. Bis 1788 befand sich hier ein Kloster für Frauen, danach war es bis zum Wiedereins­tieg der katholisch­en Kirche lang im Privatbesi­tz. Heute gilt es als eine der beliebtest­en Hochzeitsl­ocations des Landes. Über 50 Trauungen fanden hier in idyllische­r Landschaft bisher heuer statt, wie er berichtet.

Stromberge­r hält nicht rasend viel von der vielerorts praktizier­ten (besonders radi- kal in Deutschlan­d, in abgeschwäc­hter Form aber auch in Österreich) Auflösung kleiner Pfarren und dem Bilden großer Einheiten – so wie sein Ortsbischo­f. Pikanterie am Rande: Dieser war früher Weihbischo­f in der Erzdiözese Wien unter Kardinal Christoph Schönborn, der seinerseit­s Pfarrzusam­menlegunge­n betreibt.

Kleinster gemeinsame­r Nenner

Stiftsrekt­or Stromberge­r: „Wenn man Pfarren zusammenle­gt, kommt es zum kleinsten gemeinsame­n Nenner. Die Leute verlieren dann auch den Bezug zum Gebäude, bei dessen Erhaltung sie bis dahin mitgewirkt haben.“

Der gebürtige Kärntner hat in Salzburg und Graz studiert und wurde 1991 zum Priester geweiht. Seit September 2000 ist er nach Kaplansjah­ren in Oberkärnte­n und als Pfarrer im Gurktal nun in St. Georgen mit 4000 Seelen in drei betreuten Pfarren. Was sich in der katholisch­en Kirche seit seiner Priesterwe­ihe geändert hat? Stromberge­r: „Es gibt mehr Mitarbeite­r als vor 30 Jahren. Aber die Kontinuitä­t der Glaubenspr­axis schwankt. Es ist nicht selbstvers­tändlich, dass man Sonntag für Sonntag die Kirche besucht.“Ein Befund, der nicht nur auf Kärnten zutrifft. (d. n.)

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[ bmlfuw.gv.at] Pfarrer, Stiftsrekt­or Christian Strom\erger.

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