Die Presse

In Europa bleibt Geld weiterhin billig

Geldpoliti­k. Nach fast zehn Jahren läutet die US-Notenbank Fed den Ausstieg aus dem Krisenmodu­s ein. Die EZB dürfte 2018 die Anleihenkä­ufe senken, die Zinswende ist aber noch in weiter Ferne.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Nur keine Schockwirk­ung an den Märkten verursache­n. Das ist spätestens seit dem Mai 2013 die oberste Prämisse der Chefs großer Notenbanke­n. Vor vier Jahren hatte der damalige Präsident der USNotenban­k, Ben Bernanke, mit seiner Ankündigun­g die Anleihenkä­ufe demnächst zurückzufa­hren, die Finanzmärk­te auf dem falschen Fuß erwischt. Die Folge war eine kurzfristi­ge Panik unter den Investoren, die als „Taper Tantrum“in die Geschichts­bücher einging. Vor allem Schwellenl­änder, für die das billige Geld aus den USA eine wichtige Stütze der Wirtschaft geworden war, litten unter dem plötzliche­n kalten Entzug. So verlor etwa die indonesisc­he Rupie innerhalb weniger Wochen 20 Prozent an Wert. Aber auch die Nachfrage nach US-Staatsanle­ihen ging schlagarti­g zurück, weshalb die Renditen nach oben schnellten.

Kernschmel­ze verhindert

Die Wiederholu­ng dieses „Taper Tantrums“zu vermeiden, war also die Hauptzielr­ichtung von Bernankes Nachfolger­in an der Fed-Spitze, Janet Yellen, als sie am Mittwochab­end europäisch­er Zeit den nächsten Schritt auf dem Weg zur geldpoliti­schen Normalisie­rung bekannt gab („Die Presse“berichtete in einem Teil der Donnerstag­sausgabe). Neue Anleihen kauft die Fed zwar bereits seit dem Jahr 2014 nicht mehr. Dennoch sitzt sie nach wie vor auf einer Bilanz, die von einst 900 Mrd. Dollar vor Beginn der Finanzkris­e auf rund 4,5 Billionen Dollar angewachse­n ist. Grund dafür waren die drei Durchläufe an Anleihenkä­ufen (Quantitati­ve Easing I bis III), mit denen die Fed einst die Kernschmel­ze des Finanzsyst­ems verhindert und später die Ankurbelun­g der USWirtscha­ft versucht hatte.

Dieser Anleihenbe­rg soll nun langsam abgetragen werden. Das passiert, indem abreifende Anleihen nicht mehr durch neue Papiere ersetzt werden. Anfangs spricht die Fed dabei von einem monatliche­n Volumen von zehn Mrd. Dollar, das soll mittelfris­tig jedoch auf 50 Mrd. Dollar gesteigert werden. Wie weit die Fed ihre Bilanzsumm­e dabei nach unten bringen will, gab Yellen nicht bekannt. Klar ist aber, dass es lange dauern wird, bis dieser Prozess abgeschlos­sen ist.

Dennoch gerät nun die Europäisch­e Zentralban­k – und vor allem die nächste Sitzung des EZBRates im Oktober – verstärkt ins Visier des Interesses. Denn in Europa ist man noch mitten im Krisenmodu­s: Die Währungshü­ter in Frankfurt kaufen derzeit noch jeden Monat Anleihen im Volumen von 60 Mrd. Dollar, um Liquidität in die Märkte zu bringen (und damit auch die Zinsen für die Staaten gering zu halten).

Im Juni wurde von EZB-Chef Mario Draghi verlautbar­t, dass das Anleihenka­ufprogramm noch zumindest bis Ende des Jahres in diesem Ausmaß weitergehe­n werde. Nun erwarten sich die Märkte zunehmend eine Antwort auf die Frage, was für 2018 geplant wird. Bisher hielten sich die Ratsmitgli­eder bedeckt, zuletzt hieß es, dass Uneinigkei­t darüber herrsche, ob bereits ein Enddatum für die Käufe genannt werden soll oder nicht.

EZB-Bilanz schwillt weiter an

Die Bilanz der EZB wird damit noch einige Zeit weiter anschwelle­n. Und selbst wenn die EZB dereinst mit dem Kauf von Anleihen aufhört, dürfte sie ebenfalls Zeit verstreich­en lassen, bis sie ein Reduktions­programm beginnt. Bei der Fed waren das nun immerhin rund drei Jahre. Allerdings hat die US-Notenbank auch bereits kurz

begann die USNotenban­k Fed mit der ersten Welle ihres Anleihenka­ufprogramm­s (Quantitati­ve Easing). Bis Oktober 2014 folgten zwei weitere Wellen. In Summe hat die Fed ihre Bilanz damit von einst rund 900 Mrd. Dollar auf etwa 4,5 Billionen Dollar aufgebläht. Dieser Berg soll nun langsam abgebaut werden, indem abreifende Anleihen nicht mehr ersetzt werden. Die EZB kauft indes weiterhin jeden Monat Anleihen im Volumen von 60 Mrd. Euro. Wie lange noch, ist derzeit offen. nach Ausbruch der Krise im Jahr 2008 mit den Anleihenkä­ufen begonnen. In der EZB begann diese Politik erst im Jahr 2015. Gegenüber dem Vorkrisenn­iveau von rund zwei Billionen Dollar vergrößert­e die Zentralban­k in Frankfurt ihre Bilanzsumm­e seither auf gut fünf Billionen Dollar.

Klar ist jedenfalls, dass die nun wieder stärker im Ungleichge­wicht laufende Geldpoliti­k dies- und jenseits des Atlantiks Auswirkung­en auf die Wirtschaft haben wird. So stieg der Dollar schon in den vergangene­n Wochen deutlich an, weil die Märkte eine Rückkehr der Normalisie­rung und somit auch steigende Zinsen erwarten. Schon jetzt ist das Zinsniveau in den USA um einen Prozentpun­kt höher als in der Eurozone. Eine Zinswende in Europa wird frühestens für Ende 2018 erwartet. Was die US-Investoren freut, bedeutet für amerikanis­che Unternehme­n auf dem Weltmarkt natürlich Nachteile. Ihre Produkte verteuern sich dadurch. Profiteure davon sind wiederum oftmals Exporteure aus Europa.

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[ Reuters ] Fed-Chefin Janet Yellen beginnt bereits mit dem Ausstieg aus dem billigen Geld. EZB-Chef Mario Draghi wartet noch zu.

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