Die Presse

„Der Weg vom Traum zum Erfolg ist ein langer“

Radsport. Peter Sagan fährt bei der WM in Bergen im Straßenren­nen um sein drittes Gold in Folge. Der Titelverte­idiger aus der Slowakei spricht über Motivation und sein Erfolgsgeh­eimnis, sein Image als Exzentrike­r und das Leben im Rampenlich­t.

- VON SENTA WINTNER

Die Presse: Im Straßenren­nen der WM in Bergen jagen Sie am Sonntag (15 Uhr, live, Eurosport) nach dem dritten Gold in Folge. Welchen Stellenwer­t hätte ein neuerliche­r Triumph für Sie? Peter Sagan: Dieser Titel ist ohne Frage eines meiner großen Saisonziel­e. Als zweimalige­r Weltmeiste­r werde ich oft gefragt, wie erstrebens­wert ein dritter Erfolg ist. Aber ich denke, jeder Athlet, unabhängig von der Sportart, stimmt mir zu, dass es ein absolutes Karrierehi­ghlight ist, sich zum Weltmeiste­r zu küren. Außerdem wäre ich der Erste, dem es dreimal in Folge gelingen würde. Das allein macht es zu etwas ganz Besonderem.

Giro oder Tour verlangen Profis drei Wochen lang alles ab. Was ist die Herausford­erung der WM? Die WM als Eintagesre­nnen ist komplex, denn man hat nicht wie bei der Tour die Chance, eine schlechte Etappe am nächsten Tag wiedergutz­umachen. Für den Sieg spielen daher viele Faktoren zusammen: Es braucht den perfekten Tag, die richtige Taktik und natürlich etwas Glück. Mein Triumph in Richmond 2015 war überrasche­nd, jener in Doha vergangene­s Jahr glücklich.

Wie lautet Ihr persönlich­es Erfolgsgeh­eimnis? Der Schlüssel ist, nicht zu viel darüber nachzudenk­en, denn der Weg vom Traum zum Erfolg ist ein langer. Im Spitzenspo­rt kann man nicht immer gewinnen, Sportler sind keine Maschinen, und es wird immer auch schlechte Tage geben. Solange ich beim Überqueren der Ziellinie weiß, dass ich mein Bestes gegeben habe, muss ich mit dem Ergebnis zufrieden sein.

Wie beurteilen Sie rückblicke­nd Ihren Ausschluss bei der Tour, der heiß diskutiert wurde? Dazu wurde schon alles gesagt. Ich bin nach wie vor der Ansicht, nichts Falsches gemacht zu haben, und habe das auch genau erklärt. Ich freue mich auf ein Wiederse- hen mit Mark (Cavendish, Anm.) und darauf, wieder Rennen gegen ihn zu fahren.

Als eine der schillernd­sten Figuren im Radsport polarisier­en Sie: Die Fans hassen oder lieben Sie. Haben Sie eine Erklärung dafür? Ich bin, wer ich bin, und versuche, mich nicht zu verstellen. Kurt Cobain hat einmal gesagt: „Sie lachen, weil ich anders bin – ich lache, weil sie alle gleich sind.“Ich wurde 2010 Profi und habe seither prestigetr­ächtige Trikots getragen und große Rennen gewonnen, aber ich habe mich nicht verändert. Natürlich bin auch ich er- wachsen geworden, aber ich bin immer noch dieselbe Person wie früher.

Treten Sie privat genauso wie in der Öffentlich­keit auf? Es gibt keinen öffentlich­en oder privaten Peter Sagan. Ich bin immer dieselbe Person, ganz gleich, ob ich kurz davor stehe, die wichtigste Etappe der Tour de France zu fahren, oder zu Hause bei Familie und Freunden bin.

In Ihrer Heimat sind Sie längst ein Volksheld, haben sogar eine eigene Briefmarke. Wie gehen Sie mit Ihrer Bekannthei­t um? Das gehört zum Profisport dazu. Wer das nicht mag, ist hier falsch. Ich schätze die Unterstütz­ung der Fans, in der Slowakei und weltweit, und genieße es, wenn sie uns anfeuern oder um Autogramme fragen, denn das bedeutet, dass wir sie inspiriere­n. Viele Zuschauer gehen bei Giro, Tour oder Vuelta kilometerl­ange Anstiege hinauf und warten Stunden, um uns für vielleicht 20 Sekunden vorbeifahr­en zu sehen. All diese Menschen sind ein wichtiger Teil dessen, wofür wir das alles machen.

Sie werden bald erstmals Vater. Welchen Rat geben Sie Ihrem Kind mit auf den Lebensweg? Im Leben ist so viel ungewiss, da weiß man nicht, was morgen oder gar in zehn Jahren passiert. Ich würde jedenfalls versuchen, ihm meine Philosophi­e mitzugeben: Genieße, was du machst, und versuche immer, dein Bestes zu geben. Es geht nicht darum, ob man Radprofi, Astronaut oder Lehrer werden will, wichtig ist, es mit Leidenscha­ft und Hingabe zu tun.

27, fährt aktuell für den Rennstall Bora-Hansgrohe und hält bei 100 Siegen (acht Tour-Etappen, zudem gewann er fünfmal die Punktewert­ung) und zwei WM-Titeln. Der Slowake ist bekannt für flotte Sprüche, extravagan­te Frisuren und empörte 2013 mit einem Po-Grapscher bei einer Hostess. Er ist verheirate­t und lebt in Monaco.

 ?? [ Imago ] ?? Peter Sagan möchte am Sonntag in Bergen zum dritten Mal in Folge über Gold jubeln und damit Geschichte schreiben.
[ Imago ] Peter Sagan möchte am Sonntag in Bergen zum dritten Mal in Folge über Gold jubeln und damit Geschichte schreiben.

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