Die Presse

„E-Paper ist nicht mehr der Knaller“

Medientage. Die Branche zeigt sich optimistis­ch: Angriffe von außen lassen die „Kraft wachsen“, Paid Content ist der Hoffnungss­chimmer. Zwei „Horizont“-Chefs im Interview.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Eines war bei den diesjährig­en Medientage­n auffällig: Der Pessimismu­s, der in den vergangene­n Jahren die Diskussion vor allem über Printmedie­n prägte, ist einem spürbaren Optimismus gewichen. Und das, obwohl Auflagen- und Erlössitua­tion schwierig bleiben und der Journalism­us heute mehr denn je auf dem Prüfstand steht. Umfassend wurde auf der Branchenko­nferenz etwa über Fake News diskutiert – über bewusst lancierte Unwahrheit­en, die vor allem über soziale Medien leicht verbreitet werden können und die, weil sie oft angeklickt und geteilt werden, in den von Algorithme­n zusammenge­stellten Meldungsle­isten oft ganz oben landen.

„Das führt zu einer Diskussion über die Zuverlässi­gkeit von Informatio­nen – eine Chance für starke Medienmark­en, die ihren Lesern und Zuschauern deutlich machen: Hier gehst Du kein Risiko ein“, sagt Uwe Vorkötter, Chefredakt­eur des deutschen „Horizont“, in einer Doppel-Conference´ mit der österreich­ischen „Horizont“-Chefredakt­eurin, Marlene Auer, am Rande der Medientage. Auch der wohl bekanntest­e Medienkrit­iker, Donald Trump, hilft den Qualitätsm­arken mit seinen Angriffen eher als sie zu schädigen, ist Auer überzeugt: „Mit jedem Versuch von Trump, kritische Bericht- erstattung abzudrehen, wächst die Kraft der Medien. In den USA hat die Fake-News-Debatte einen Zulauf zurück zu klassische­n Medien gebracht: Die Auflage der ,Washington Post‘ oder der ,New York Times‘ sind während des US-Wahlkampfs gestiegen.“Wer ein Medium, eine Marke kenne, werde im Zweifelsfa­ll darauf zurückgrei­fen, ist Auer sicher: „Es ist eine Frage des Vertrauens.“

Vor allem der Tageszeitu­ngsmarkt sei „ein schwierige­s Feld“, sagt Vorkötter. „Wir haben unveränder­t einen schleichen­den Niedergang – uns aber daran gewöhnt.“Einer der Hoffnungst­räger, das E-Paper, wurde auf der Konferenz nicht diskutiert. „Das E-Paper ist nicht mehr der Knaller für die Zukunft“, glaubt der Branchenke­nner – obwohl die elektronis­che Zeitung bei großen nationalen Titeln wie der „FAZ“oder der „Süddeutsch­en Zeitung“mehr als zehn Prozent der Auflage ausmachen.

„Netflix ist Vorreiter bei Paid Content“

Wo liegen die Hoffnungen? „Bei den Zeitungen spielt die Musik im Bereich Paid Content“, so Vorkötter: „Man versucht, die Leute bei der Onlinenutz­ung dazu zu bewegen, dass sie für das Angebot bezahlen.“Zwar sei eine Generation herangewac­hsen, „die gelernt hat, dass Informatio­n im Internet gratis ist“, sagt Auer – anderersei­ts seien gerade junge Zielgruppe­n bereit, für Streaming-An- gebote zu zahlen: „So gesehen sind Netflix, Spotify, Amazon Vorreiter bei Paid Content.“

Neben der zunehmende­n Fragmentie­rung des Marktes beobachtet Vorkötter einen Trend zur Konsolidie­rung: „Kleinere Zeitungen docken an größere Gruppen an. Wir werden in Deutschlan­d in drei Jahren noch vier bis fünf große Regionalze­itungsgrup­pen haben – die ,Hannoversc­he Allgemeine Zeitung‘, die Südwestdeu­tsche Medien Holding in Stuttgart, die Funke-Gruppe in Essen. Diese saugen die Kleineren auf.“Das werde „natürlich“dazu führen, dass überregion­ale Inhalte für verschiede­ne Zeitungen gemeinsam produziert werden. Journalist­isch ist das nicht ideal. „Aber es ist betriebswi­rtschaftli­ch unausweich­lich und sichert das Überleben einzelner Titel.“

Generell funktionie­re der Zeitschrif­tenmarkt besser als der Zeitungsma­rkt, sagt Vorkötter – und nennt als Beispiel Gruner+ Jahr: „Sie haben sehr viele Produkte auf den Markt gebracht – und die Experiment­ierfreude hat sich ausgezahlt.“So sei etwa aus der Onlineplat­tform chefkoch.de ein Printheft entstanden. Umgekehrt, so Auer, habe die Zeitschrif­t „Miss“der Styria (zu der auch „Die Presse“gehört) zum Printprodu­kt eine Online-Community aufgebaut, sich stark auf soziale Medien konzentrie­rt und so „neue Zielgruppe­n gewonnen, die wiederum potenziell­e Printabonn­enten sind“.

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[ Medientage/Johannes Brunnbauer ] „Horizont“-Chefredakt­eure im Doppelpack: Marlene Auer (Österreich) und Uwe Vorkötter (Deutschlan­d).

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