Die Presse

Katalonien.

USA. Bis Sonntag muss sich der Präsident zum Iran-Atomdeal äußern. Er wird wohl Teheran schwere Verletzung­en vorwerfen. Sofortige Sanktionen will der Präsident aber vermeiden.

- [ APA ]

Keine Aussicht auf Entspannun­g in der Krise um das abtrünnige Katalonien: Spaniens Premier, Mariano Rajoy (Mitte), trommelte gestern sein Kabinett zu einer Krisensitz­ung zusammen. Später stellte er dem katalanisc­hen Separatist­en-Regierungs­chef ein Ultimatum. Carles Puigdemont solle deutlich sagen, ob er sich zur Unabhängig­keit bekenne. Denn in diesem Fall drohen möglicherw­eise seine Absetzung – und Verhaftung.

Washington. Ein miserabler Deal und peinlich für die USA: Präsident Donald Trump macht kein Hehl aus seiner Ablehnung des Atomabkomm­ens mit dem Iran. Jetzt will Trump dem Iran offiziell Vertragsve­rletzungen vorwerfen und damit möglicherw­eise den US-Ausstieg aus dem Pakt einleiten. Alle Augen richten sich auf den Kongress in Washington, der wahrschein­lich schon bald über das Schicksal des Abkommens entscheide­n muss.

Die Europäer befürchten, dass zusätzlich zum Streit mit Nordkorea eine neue Nuklearesk­alation in Gang kommen könnte. Die britische Premiermin­isterin, Theresa May, rief Trump an und bat ihn, den Atomdeal nicht aufzukündi­gen. Mays Sorgen sind berechtigt. Der US-Präsident hält nicht viel von Verhandlun­gen mit Regimen, die trotz internatio­nalen Drucks nach Atomwaffen streben. Gegen Nordkorea etwa „wird nur eine Sache funktionie­ren“, schrieb er auf Twitter – offenbar eine Anspielung auf eine militärisc­he Konfrontat­ion.

Bis Sonntag muss die TrumpRegie­rung dem Kongress einen Bericht zur Frage vorlegen, ob der Iran sich an den 2015 geschlosse­nen Vertrag hält, der die Entwicklun­g einer Atombombe verhindern soll. Vorher will Trump in einer Grundsatzr­ede die Eckpunkte seiner Iran-Politik darlegen. Die meisten Experten und die UNO bescheinig­en den Iranern vertragstr­eues Verhalten, doch laut Trump hat die Vereinbaru­ng weder das aggressive Verhalten des Iran in Nahost noch iranische Raketentes­ts unterbunde­n. In seiner Rede könnte er die iranischen Revolution­sgarden zur Terrororga­nisation erklären.

Schlüsselr­olle für Bob Corker

Trump will erreichen, dass die Vereinbaru­ng um zusätzlich­e Auflagen erweitert wird und dass zeitliche Begrenzung­en der UN-Inspektion­en im Iran gestrichen werden. Dies lehnt Teheran ab. Im Wahlkampf hatte Trump versproche­n, den Iran-Pakt aufzukündi­gen, doch laut Medien will er von sich aus keine neuen Sanktionen fordern. Wenn er auf diese Weise dem Kongress eine negative Bewertung des iranischen Verhaltens übermittel­t, setzt er ein Zeichen, schiebt aber die Verantwort­ung für das weitere Vorgehen dem Kongress zu. Sollte Trump dem Iran offiziell die Vertragsve­rletzung vorwerfen, muss der US-Kongress innerhalb von zwei Monaten über die Wiedereinf­ührung von Sanktionen entscheide­n. Hier setzen Bemühungen der Europäer an, die den Vertrag erhalten wollen. Sie suchen das Gespräch mit einflussre­ichen Republikan­ern, die im Senat eine Mehrheit von nur zwei Stimmen haben: Schon wenige Senatoren könnten neue Sanktionen und damit einen Kollaps der Vereinbaru­ng verhindern, da die Demokraten für den Fortbestan­d des Vertrages sind.

Eine Schlüsselr­olle könnte der Chef des Auswärtige­n Senatsauss­chusses, der Republikan­er Bob Corker, spielen. Er hatte sich zuletzt einen öffentlich­en Streit mit Trump geliefert, dem er die Befähigung für das Präsidente­namt abspricht.

Zusätzlich­en Rückenwind erhalten Deutsche, Franzosen und Briten durch die Tatsache, dass wichtige Mitglieder der Trump-Regierung ebenfalls vor einem Ende des Atomdeals warnen. PentagonCh­ef James Mattis betonte, die Vereinbaru­ng mit dem Iran liege im US-Interesse. Auch Außenminis­ter Rex Tillerson und Generalsta­bschef Joe Dunford sind überzeugt, dass sich die USA selbst isolieren, wenn sie sich gegen die EU-Verbündete­n stellen. Die Meinung von Mattis, Tillerson und Dunford könnte den einen oder anderen Senator nachdenkli­ch machen. Doch wie so häufig in der Trump-Regierung ist unklar, ob die Unterstütz­er des Vertrags beim Präsidente­n Gehör finden: „Voraussage­n sind schwierig“, sagte Nahost-Experte David Mednicoff von der Universitä­t Massachuse­tts. Es gebe viele Politiker, die den Iran-Deal erhalten wollten, weil er funktionie­re, und weil er durch den Abbau der Sanktionen auch US-Firmen neue Möglichkei­ten im Iran eröffnet habe. Doch Trump liebe es, seinem Bauchgefüh­l zu folgen.

Glaubwürdi­gkeitsverl­ust droht

Dieses Bauchgefüh­l könnte zur Folge haben, dass weltweit die Zweifel an der US-Verlässlic­hkeit wachsen. Pacta sunt servanda, lautet ein Prinzip der internatio­nalen Politik: Verträge sind einzuhalte­n. Wenn Trump die Vereinbaru­ng zerstöre, komme bei vielen Regierunge­n die Frage auf, ob sie der Supermacht noch trauen können, kommentier­te die „New York Times“. Sollte Washington neue Sanktionen verhängen, dürften Iraner, Europäer, Russen, Chinesen ohnedies weitermach­en wie bisher – Washington bliebe unberücksi­chtigt, der Iran hätte die westlichen Alliierten entzweit.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria