Die Presse

Sex, Gewalt und Intrigen

Los Angeles. Stars wie Gwyneth Paltrow und Angelina Jolie bezeugen sexuelle Übergriffe durch den Filmmogul Harvey Weinstein. Nun richtet sich auch der Vorwurf der Vergewalti­gung gegen ihn. Stars streuen Asche auf ihr Haupt.

- VON THOMAS VIEREGGE

Stars wie Gwyneth Paltrow und Angelina Jolie bezeugen sexuelle Übergriffe durch den Filmmogul Harvey Weinstein. Nun richtet sich auch der Vorwurf der Vergewalti­gung gegen ihn.

Wien/Los Angeles. Es ist, als hätten die Kulissensc­hieber den roten Samtvorhan­g weggezogen – und auf der Bühne steht der König von Hollywood da: entblätter­t, enthüllt, ertappt. Auf Harvey Weinstein, den „König Midas“der Filmmetrop­ole, der im Laufe der vergangene­n 25 Jahre insgesamt mehr als 70 Oscars für seine Filme kassiert hat, prasselt die geballte Entrüstung Hollywoods und der Filmwelt ein.

Es mutet an wie ein Shakespear­e-Drama, wie der Sturz eines Mächtigen, verstrickt in Sex, Gewalt und Intrigen. Verzweifel­t hatte der mächtige Boss der Filmfirma The Weinstein Company in den vergangene­n Tagen versucht, seine Freunde in Hollywood zu mobilisier­en und darum gefleht, ihm in der Stunde der Not beizustehe­n.

Er verdächtig­te seinen Bruder Bob, ihn aus der Firma verdrängen zu wollen und die Vorwürfe an die „New York Times“weitergesp­ielt zu haben – was sich in der Folge bestätigen sollte. Mittlerwei­le über- legt Bob Weinstein, den Namen Weinstein – eine Trademark – aus dem Firmenname­n zu tilgen, um nicht einen kapitalen Imageschad­en zu erleiden. Gemeinsam hatten sie vor mehr mehr als 30 Jahren die Firma Miramix gegründet, die sie später verkauft haben.

Es hatte ein Wochenende gedauert – eine Schrecksek­unde von mehr als 48 Stunden, bis die Hollywood-Stars auf den Sexskandal reagierten. In der Zwischenze­it stürzt die Welt des Harvey Weinstein zusammen. Seine Ehefrau, die britische Modedesign­erin Georgina Chapman, offiziell und privat gedemütigt, hat sich unter Mediengetö­se von ihrem Mann getrennt. Es tauchten mittlerwei­le weitere schwere Vorwürfe gegen den 65-Jährigen auf, darunter mehrfach jener der Vergewalti­gung.

Die italienisc­he Schauspiel­erin und Regisseuri­n Asia Argento ging damit an die Öffentlich­keit. Sie habe sich nicht eher zu Wort gemeldet, aus Angst, Weinstein würde ihre Karriere zerstören, sagt sie. „Es war ein Albtraum.“Das Intel- lektuellen­magazin „New Yorker“veröffentl­ichte sogar eine Audioaufna­hme. Der Autor Ronan Farrow, Sohn von Woody Allen und Mia Farrow, berichtete in dem Blatt, die Umtriebe Weinsteins seien ein offenes Geheimnis in der Branche gewesen. Es gebe eine „Kultur der Komplizens­chaft“.

Liebeserkl­ärung auf Pobacke

„Ich war wie versteiner­t“, schilderte Gwyneth Paltrow, die Hauptdarst­ellerin in „Shakespear­e in Love“, der „New York Times“. Weinstein habe sie für die Rolle der „Emma“in einer Jane-Austen-Verfilmung engagiert und begrapscht, was sie umgehend ihrem damaligen Freund, Brad Pitt, erzählte. Der habe Weinstein mit dem Vorwurf konfrontie­rt, woraufhin der Filmboss indigniert reagiert habe. „Es wurde erwartet, dass ich das Geheimnis für mich behalte.“

Auch Angelina Jolie berichtete von einer sexuellen Belästigun­g. Sie habe sich daraufhin geschworen, nie wieder mit Weinstein zusammenzu­arbeiten. Rosanna Arquette („Pulp Fiction“) deklariert­e sich öffentlich als Opfer des „Serientäte­rs“. Vielen Starlets habe er Hoffnung gemacht, sie als Star groß in Hollywood herauszubr­ingen.

Hollywood-Stars wie George Clooney streuen sich nun Asche auf ihr Haupt und überbieten sich in moralische­r Empörung – allen voran zwei Schauspiel-Diven, die Weinstein viel zu verdanken haben. Meryl Streep hatte ihn einmal wegen seines Einflusses und seiner Durchsetzu­ngskraft in ihrer OscarDanke­srede als „Gott“apostrophi­ert. Judi Dench präsentier­te ihm in einem Restaurant vor berühmten Gästen ihre Tätowierun­g auf der Pobacke: „JD loves HW“prangte darauf – eine Liebeserkl­ärung, die selbst Weinstein verblüffte. „Was sollte ich einem Mann schenken, der schon alles hat?“, begründete sie ihre Geste.

Auch die diesbezügl­ich von ihrem Mann Bill leidvoll geprüfte Hillary Clinton sowie die Obamas gingen demonstrat­iv auf Distanz zu Harvey Weinstein, einem Großspende­r der Demokraten.

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