Die Presse

TV-Duelle: „Dasublikum ist noch nicht müde“

Fernsehen. Die heutige Elefantenr­unde im ORF ist der Schlusspun­kt eines TV-Duell-Marathons. Eine Geschichte über die Bedeutung von Fernseh-Konfrontat­ionen.

- VON JULIA NEUHAUSER

lung des alles entscheide­nden TV-Duells geboren. Zehn Jahr später schwappte der Trend nach Österreich über. Am 28. Jänner 1970 fand das erste Fernsehdue­ll zweier Kanzlerkan­didaten statt. Einige Konfrontat­ionen sind mittlerwei­le Teil der heimischen Politgesch­ichte – etwa jenes im Jahr 1975 zwischen Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) und ÖVP-Chef Josef Taus oder die Konfrontat­ion zwischen Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und Jörg Haider (FPÖ) im Jahr 1994, in dem Letzterer erstmals eines der mittlerwei­le berühmten Taferl auspackte und damit für Verunsiche­rung sorgte. Auch diese TV-Debatten sollen wahlentsch­eidend gewesen sein.

Österreich ist Deutschlan­d voraus

Statistisc­h lässt sich das nur schwer beweisen. „Das ist ein wirklich schwierige­s Unterfange­n“, sagt Fritz Hausjell, stellvertr­etender Vorstand des Instituts für Kommunikat­ionswissen­schaft der Uni Wien zur „Presse“. Es gebe zu viele Faktoren. So gehen die Expertenme­inungen darüber, welchen Einfluss Duelle auf die Wahlentsch­eidung haben, auseinande­r. Dass sie eine wichtige Orientieru­ngshilfe sind, ist allerdings unumstritt­en.

Das lässt sich an den Quoten ablesen. Trotz der Flut an Konfrontat­ionen waren die- se durchwegs gut. Die Privatsend­er freuten sich zum Teil auch über neue Rekorde. „Das Publikum ist noch nicht müde“, sagt Hausjell. Die turbulente­n Entwicklun­gen der vergangene­n Tage hätten für Verunsiche­rung gesorgt. Insofern würden sich manche Zuseher „immer noch Antworten“erwarten, andere würden gerne sehen, wie sich Politiker, die in der Bredouille sind, verhalten und wieder andere hoffen auf weitere Überraschu­ngen. Für sie sind Duelle Unterhaltu­ng.

„Ein bisschen unterhalts­am“, sagt der Wissenscha­fter, dürfen die TV–Auftritte auch sein. Zweifellos seien sie aber ein wichtiger Teil der Demokratie. Politiker müssten sich kritischen Fragen stellen. Hier sei Österreich seinen deutschen Nachbarn einen großen Schritt voraus. Dass sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der Bundestags­wahl nur einem Duell mit Martin Schulz (SPD) stellte, goutiert Hausjell nicht. Auch in Österreich haben sich Politiker bereits verweigert. 2013 nahmen Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzle­r Michael Spindelegg­er nicht an der Elefantenr­unde teil. Große Diskussion­srunden seien wenig geeignet, um Inhalte zu kommunizie­ren, hieß es damals. Heute haben ihre Nachfolger die Chance, das Gegenteil zu beweisen.

Wien. Der innenpolit­ische Fernsehmar­athon ist auf der Zielgerade­n. Nach zig Soloauftri­tten, 27 Zweierkonf­rontatione­n und zwei Großdebatt­en stellen sich die Spitzenkan­didaten heute, Donnerstag, um 20.15 Uhr noch der Elefantenr­unde im ORF. Die Fließbandd­ebatten sind nun zu Ende. Die Frage, in wie weit TV-Duelle die Wahlentsch­eidung beeinfluss­en, bleibt.

In der Geschichte hat man den Fernsehdue­llen stets große Bedeutung zugemessen. Als Argument dafür wurde meist die Mutter aller TV-Duelle, jenes zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon im Jahr 1960, herangezog­en. Die in der Hitze des Scheinwerf­erlichts ausgetrage­ne Konfrontat­ion konnte Kennedy, der vor dem Duell in einer gekühlten Limousine saß, für sich entscheide­n. Die Wahl ebenso. Damit war die Erzäh-

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