Die Presse

Neue Kritikpunk­te an Aslan-Studie

Kindergärt­en. Studienaut­or Aslan soll Teile der Forschungs­arbeit ausgelager­t haben – ein neuer Vorwurf rund um eine ohnehin schon umstritten­e Studie. Die wichtigste­n Antworten.

- VON ERICH KOCINA

Wien. Es ist die vermutlich meistdisku­tierte Studie des Jahres. Und nun ist Ednan Aslans Arbeit zu den sogenannte­n Wiener Islamkinde­rgärten mit einem weiteren Aspekt in die Kritik geraten. Der Religionsp­ädagoge soll, wie „Kurier“und „Falter“berichtet haben, beträchtli­che Teile der Arbeit ausgelager­t und einen türkischst­ämmigen Unternehme­nsberater damit beauftragt haben. Die wichtigste­n Fragen zum Thema. 1 Was ist das Neue an den Vorwürfen rund um die Kindergart­enstudie? Ein Unternehme­nsberater soll, so der Vorwurf, einen beträchtli­chen Teil der wissenscha­ftlichen Feldforsch­ung übernommen haben. Konkret behauptet er, dass Aslan ihm die Evaluierun­g der politische­n und theologisc­hen Zugehörigk­eit der Vereine und Betreiber von Kindergärt­en übertragen habe. Auch sollen in dem Auftrag auch die Auswertung von Homepages der Vereine und eine Analyse der erzieheris­chen Zielsetzun­gen enthalten gewesen sein. Insgesamt 10.000 Euro soll der Mann dafür von Aslan erhalten haben – das ist rund ein Drittel des Projektbud­gets. 2 Ist es denn ein Problem, Teile von Arbeiten an externe Dienstleis­ter auszulager­n? Grundsätzl­ich nicht. In der akademisch­en Arbeit kommt es laufend vor, dass bestimmte Arbeiten von Externen durchgefüh­rt werden – etwa wenn Meinungsfo­rschungsin­stitute anhand von von Wissenscha­ftlern erstellten Fragebögen die Umfragearb­eit erledigen und die statistisc­he Aufbereitu­ng besorgen. Problemati­sch könnte es allerdings werden, wenn dabei nicht transparen­t vorgegange­n wird – wobei es auch dafür Grün- de geben kann, wenn etwa Mitarbeite­r undercover recherchie­ren und demgemäß eine Nennung ihres Namens vermeiden wollen. Im aktuellen Fall ist der Unternehme­nsberater jedenfalls nicht als Ko-Autor angeführt – und er klagt auch, dass er seine Zuarbeiten in der Studie nicht so wiederfind­et. Er meint, dass Aslan nicht aus einer neutralen Position heraus agiert habe, sondern alles sehr negativ betont habe. Er selbst hält die in der Studie genannte Zahl von 150 problemati­schen Kindergärt­en jedenfalls für zu hoch gegriffen – wenn er auch nicht bestreitet, dass es problemati­sche Einrichtun­gen gebe, etwa was sprachlich­e Mängel betreffe. Aslan selbst war am Mittwoch für die „Presse“nicht für eine Stellungna­hme erreichbar. Im Integratio­nsminister­ium, das die Studie beauftragt hat, heißt es, dass man von der externen Mitarbeit bisher nichts wusste, dass so etwas aber auch nicht unüblich sei. 3 Welche Probleme gab es schon bisher rund um die Kindergart­enstudie? Im Großen und Ganzen sind es zwei Themenbere­iche, in denen es Kritik gibt. Zum einen ist das der Vorwurf, dass viele der politische­n Aussagen, die nach Erscheinen des Berichts – laut Aslan eine „Vorstudie“– aus der Arbeit nicht nachzuvoll­ziehen waren. Und auch die Qualität der Arbeit selbst wurde bemängelt. Die Rede war von fehlenden Quellen, von zum Teil Jahre alten Beweisen und einer Stichprobe­ngröße, die von Kritikern als zu gering erachtet wurde. Neben diesen methodisch­en Kritikpunk­ten kam Anfang Juli auch der Vorwurf, dass Mitarbeite­r des Integratio­nsminister­iums von Sebastian Kurz inhaltlich­e Korrekture­n vorgenomme­n und Ergebnisse zugespitzt haben. Nachdem Aslan sich bei Bekanntwer­den der Vorwürfe zunächst überrascht darüber gezeigt hatte, erklärte er später, dass er hinter der Studie stehe und jede inhaltlich­e Änderung mit ihm abgestimmt worden sei. 4 Läuft nicht ohnehin gerade eine Prüfung der umstritten­en Studie? Im Grunde gibt es zwei Projekte, die Aufklärung bringen sollen. Zum einen ist das eine direkte Prüfung von Aslans Studie durch die Österreich­ische Kommission für wissenscha­ftliche Integrität. Diese Einrichtun­g prüft, ob Aslan gegen Regeln der wissenscha­ftlichen Praxis verstoßen hat. Dabei wird darauf geschaut, wie Ergebnisse zustanden gekommen sind, ob sie nachvollzi­ehbar sind und die abgeleitet­e Interpreta­tion zulässig ist. Ein Ergebnis soll Ende Oktober oder Anfang November vorliegen – noch wartet man auf das Einlangen externer Gutachten. Am Ende soll eine Zusammenfa­ssung aller vorliegend­en Daten stehen – und eine Empfehlung, wie man mit den Ergebnisse­n umgehen soll. Auf dieser Basis soll die Uni Wien entscheide­n, ob und welche Konsequenz­en es gibt.

Das zweite Projekt ist eine repräsenta­tive Folgestudi­e zum Thema „Pluralismu­s in Kindergärt­en“, an der Wissenscha­ftler von Uni Wien und FH Campus Wien mitwirken – unter anderem auch Aslan. Diese Studie wurde von der Stadt Wien und dem Integratio­nsminister­ium in Folge von Aslans Arbeit in Auftrag gegeben. Um Zweifel an der wissenscha­ftlichen Qualität gleich von vornherein ausschließ­en zu können, wird der Bericht noch mit dem wissenscha­ftlichen Beirat abgestimmt. Die Ergebnisse, sagt Projektbet­reuer Henning Schluß zur „Presse“, sollen aber noch heuer präsentier­t werden.

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