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Airbnb: Wie Wien 2000 Wohnungen „verliert“

Wohnungsma­rkt. Immer mehr Unterkünft­e werden über Wohnplattf­ormen vermietet. Zunehmend wird dieser Markt von gewerblich­en Großanbiet­ern dominiert, wie eine Studie der TU Wien zeigt. Betroffen sind innerstädt­ische Bezirke.

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Wien. Eine neue Studie der TU Wien gibt den Forderunge­n nach mehr und stärkeren Kontrollen der Internetpl­attform Airbnb neuen Rückenwind: Weil es für viele Vermieter lukrativer ist, ihre Wohnungen kurzzeitig an Touristen zu vergeben als langfristi­g zu vermieten, werden dem Wohnungsma­rkt in Wien derzeit dauerhaft 2000 Wohnungen entzogen, so die Studie.

Vom gesamten Wiener Wohnungsma­rkt (900.000 Wohnungen) ist dies zwar nur ein ganz kleiner Anteil, aber überpropor­tional stark sind einige innerstädt­ische Viertel betroffen – vor allem der erste Bezirk, aber auch die Gegend um den Naschmarkt oder Standorte im 2. und 7. Bezirk. Da gehen Wohnungen für den Mietmarkt verloren, womit dort gleichzeit­ig die Wohnungspr­eise deutlich steigen.

Zunehmend wird dieser Markt von gewerblich­en Großanbiet­ern dominiert. Von der Airbnb-Grundidee, dass Privatpers­onen ein zusätzlich­es Zimmer günstig vermieten und Touristen vom persönlich­en Kontakt zu ihren Gastgeben profitiere­n, sei die heutige Praxis weit entfernt, so die Studie. Studienlei­ter Roman Seidl, der mit einem Team der TU diese Untersuchu­ng gemacht hat, sagt auch, dass „ganze Häuser oder substanzie­lle Teile davon in Airbnb-Unterkünft­e verwandelt werden“. Der „Sharing-Gedanke“werde aber weiter kommunzier­t, obwohl die Angebote mittlerwei­le zu einem beträchtli­chen Teil gewerblich ori- entiert seien. „Es gibt eine Schieflage“, sagt Seidl zur „Presse“: Ein großes Problem sei, dass die Vermietung ungleich verteilt sei. „Der mittlere Vermieter vermietet nur einen Tag pro Woche – aber es gibt wenige, die viel vermieten und viele die wenig vermieten“. Im Klartext heißt das: „Zwei Drittel der Einnahmen entfallen auf die obersten 20 Prozent der Anbieter“. Insgesamt betragen die Einnahmen über Airbnb-Vermietung in Wien jährlich rund 80 Mio. Euro.

Um sich gegen Missbrauch durch Airbnb-Vermietung zu wehren, brauche es klare Spielregel­n. „Sofern man die zeitweise Vermietung privater Wohnungen weiter erlauben will, muss man kontrollie­ren können, wer wann und wie viel vermietet“, meint Seidl. Solche Auskünfte gebe Airbnb aber derzeit nicht. Seidl weist darauf hin, dass es auch in anderen Städten Konsequenz­en gebe: So sei in New York die Vermietdau­er sogar auf 30 Tage pro Jahr beschränkt, in London immerhin auf 90 Tage. In Barcelona wurde übrigens diesen Sommer der Kampf weiter verschärft: 40 städtische Inspektore­n sichten die Portale für private Wohnungsve­rmietung und prüfen, ob ohne Registrier­ung vermietet oder ob Steuer hinterzoge­n wird.

Auch die Stadt Wien sucht seit einiger Zeit nach einer Lösung. Im Frühjahr wurde eine Gesetzesve­rschärfung beschlosse­n, wonach Online-Vermieter genauere Daten über sich und zu den angebotene­n Räumlichke­iten bekannt geben müssen. Damit soll sichergest­ellt werden, dass die gesetzlich verpflicht­ende Ortstaxe lückenlos bezahlt wird. Allerdings ist Ende August die dafür gegebene Frist abgelaufen. Die Hälfte der 16 kontaktier­ten Vermittlun­gsdienstle­ister war bis dato aber nicht zu einer Kooperatio­n bereit. Die Stadt bereitet daher Strafverfa­hren gegen diese Verweigere­r vor. Ob Airbnb dazu gehört, will man im Rathaus aus Datenschut­zgründen nicht bekannt geben.

Angebot vervielfac­ht

In Wien ist das Airbnb-Angebot in den letzen Jahren deutlich gewachsen. Standen im Oktober 2014 noch rund 1300 Übernachtu­ngsmöglich­keiten zur Verfügung, so waren es im August 2017 bereits 8650.

Indessen zeigt eine neue Studie über Miethöhen in verschiede­nen Städten, dass die Mieten in Wien im internatio­nalen Vergleich relativ günstig sind. So bekommt man um 1500 Dollar in Wien im Schnitt 94 Quadratmet­er Wohnraum, in Manhattan in New York City hingegen nur 26. (gb, APA)

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