Vorwahlfahrt nach Mariazell
E inem freundlichen Leser hat dieser Sport-Club ein sehr interessantes Kontrastprogramm zur jüngst beschriebenen Seenrunde im Salzkammergut zu verdanken. „Eine Anregung für Ihre Kolumne“, mailte Robert G. und beschrieb eine etwas längere und viel bergigere Ausfahrt: eine „Rennradwallfahrt“von Wien nach Mariazell. „Zirka 120 Kilometer, zirka 2000 Höhenmeter, landschaftlich sehr schön!“, lautete die Zusammenfassung des offenbar ziemlich sportlichen Lesers – er erwähnte auch, dass jener „Laaber Trail“im Wienerwald, den ich bergauf mit dem Mountainbike für unfahrbar halte, sehr wohl zu schaffen sei, wenn auch „am Limit“.
Als eine kleine Vorwahlfahrt an einem sonnigen und windstillen Herbsttag erschien mir die Herausforderung zu reizvoll, um sie nicht anzunehmen. Das Ergebnis vorweg: Nach knapp sechs Stunden hatte ich es geschafft. Ich muss aber zugeben: In der Basilika einfach nur das Knie zu beugen, wie es sich gehört, fiel mir dann schon ganz bisschen schwer.
Die Strecke ins Voralpenland, im Profil durch immer größere Zacken gekennzeichnet, ist aber wirklich schön. Sie führt über Straßen, die nur wenig von Autos (und mehr von Motorrädern) befahren werden. Zweimal hat mir mein hilfsweise mitlaufendes Fahrrad-Navi sogar Radwege empfohlen, wenn auch nur mit beschränktem Nutzen: Vom Gölsenradweg – keine Angst, „Gölsen“fliegen da keine, sie fließt hier bloß – wurde ich über eine Wiese zurück auf die Straße gelotst; der Traisentalradweg war wegen einer Brückensanierung unterbrochen. Meine eigene Entscheidung war es, knapp vor dem Ziel auf einen etwas raueren – sprich schottrigen – Pilgerweg über den Kaumbergsattel zu wechseln, um an den Hubertussee zu gelangen. Diesen landschaftlichen Höhepunkt kann man auch besser erreichen, nämlich nach dem Gscheid Richtung Annaberg fahrend.
Für ein Gelübde ist die Fahrt (einschließlich der Rückfahrt mit der Mariazeller- und einer Westbahn) fast zu schön. Nur zu gern hätte ich sie zum Beispiel zum Dank dafür gemacht, dass dieser Wahlkampf nur ein Albtraum war. Doch der war echt.