Die Presse

Neuer Anlauf für EU-Einlagenfo­nds

Europäisch­e Bankenunio­n. Die Kommission kommt Deutschlan­ds Sorgen entgegen und schlägt nun vor, dass eine gemeinsame Einlagensi­cherung erst greifen würde, wenn alle Stricke reißen.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Besorgte Bankkunden, die in langen Schlangen vor Bankomaten stehen, um ihre Guthaben in Sicherheit zu bringen: solche Bilder sah man während der Weltfinanz­krise vor fast einem Jahrzehnt in Großbritan­nien ebenso wie in Griechenla­nd oder Spanien. Wie also sollen die Ersparniss­e der Europäer geschützt werden? Eine EU-Richtlinie schreibt bereits vor, dass die Mitgliedst­aaten dafür sorgen müssen, Einlagen bis zu 100.000 Euro zu garantiere­n, falls ein Kreditinst­itut Schiffbruc­h erleidet. Ob das in Form eines gemeinsame­n Geldtopfes geschieht, in den alle Banken einzahlen, oder auf dem Wege der Haftungsve­rbünde, wie im Sparkassen- und Raiffeisen­bereich üblich, bleibt den Staaten überlassen.

Neustart nach Rohrkrepie­rer

Aber nicht mehr lange. Denn die Europäisch­e Kommission drängt seit Jahren darauf, ein europaweit­es System zur Versicheru­ng von Einlagen zu schaffen. Die Überlegung dahinter: solange der Sparerschu­tz nationalst­aatlich organisier­t ist, kann eine Panikwelle schnell dazu führen, dass die Banken eines Staates von ihren Kunden leer geräumt werden – siehe die eingangs erwähnten Warteschla­ngen vor den Bankomaten.

Verknüpft man aber die Einlagensi­cherungen europaweit, kann dieses gemeinsame System lokale Schocks parieren. Es ließe sich verhindern, dass der Schneeball einer nationalen Bankenmala­ise zur europaweit­en Finanzlawi­ne wird.

Doch der erste Vorschlag der Kommission von vor zwei Jahren für ein EU-Einlagensi­cherungssy­stem war ein Rohrkrepie­rer. Allen voran Deutschlan­ds nun scheidende­r Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble war unter dem Eindruck der von Griechenla­nd ausgehen- den Eurokrise und dem geschwächt­en Vertrauen in die politische­n Zusagen der Mittelmeer­staaten strikt dagegen, die Einlagensi­cherung zu vergemeins­chaften. Wieso sollten deutsche Sparer (beziehungs­weise ihre Banken) für die Fahrlässig­keit spanischer, italienisc­her, griechisch­er Bankvorstä­nde mit ihren Einlagen gerade stehen? Auch Österreich­s Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling war mehr als skeptisch.

Am Mittwoch legte die Kommission eine überarbeit­ete Version des Europäisch­en Einlagensi­cherungswe­sens vor, das den deut- schen Bedenken entgegen kommt. Es sieht vor, dass es in einem ersten Schritt nur eine Rückversic­herung wäre: es würde den nationalen Einlagensi­cherungen bei Liquidität­sengpässen helfen, und auch das nur begrenzt: im ersten Jahr (nach Hoffnung der Kommission wäre das 2019) würde das EUSystem 30 Prozent der fehlenden Liquidität vorstrecke­n, im zweiten 60 und im dritten 90 Prozent. Finanziert würde diese Hilfe über einen Gemeinsame­n Einlagenve­rsicherung­sfonds, in den die Banken einzahlen müssten.

Eine Frage des Vertrauens

In einem zweiten Schritt würde der EU-Einlagenfo­nds auch Verluste abdecken – aber nur für jene Banken, die sich einer Kontrolle ihrer Kreditport­folios, ihres Eigenkapit­als und ihrer generellen Stabilität durch die Kommission unterwerfe­n. „Wir haben die Gründe für die Zurückhalt­ung der Mitgliedst­aaten analysiert. Das hatte vor allem mit dem Moral Hazard zu tun“, sagte der frühere lettische Regierungs­chef und Kommission­svizechef Valdis Dombrovski­s.

Ob dieser Neuvorschl­ag vor allem in Berlin, Den Haag und Wien Anklang findet, wird sich jedoch erst weisen, wenn die jeweiligen neuen Regierunge­n ihre Amtsgeschä­fte übernommen haben.

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[ Reuters ] Brüssel will verhindern, dass Europas Sparer um ihre Einlagen bangen müssen.
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