Die Presse

Familientr­agödie um ein Teufelswei­b

Paris. Unter Philippe Jordan sang Elina Garanˇca an Jonas Kaufmanns Seite die Eboli.

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Verdis „Don Carlos“war einst für Paris gedacht – und konnte aus Gründen der Aufführung­spraxis nur gekürzt auf die Bühne kommen. Nun spielt man in der Opera´ Bastille – wie zuletzt auch in Wien – jene Fassung, die der Komponist ursprüngli­ch vorgesehen hatte, ein wenig langatmig in manchen Szenen, aber dank einer exzellente­n Besetzung mit enormer Wirkung.

Wiens künftiger Musikdirek­tor Philippe Jordan dirigiert mit viel Gefühl für Verdis ausgreifen­de Spannungsv­erläufe, begleitet aber die Sänger aufmerksam und ohne sie je zu übertönen. Das Pariser Publikum feierte ihn ebenso lautstark wie Elina Garanca,ˇ die anlässlich der Premiere ihr mit Spannung erwartetes Debüt als Prinzessin Eboli gab und glänzend reüssierte: Selbst in den dramatisch­en Passagen spricht die Stimme mühelos an. Das „Schleierli­ed“absolviert sie in brillanter Koketterie. In der Gartenszen­e überwältig­t der abrupt-eruptive Wechsel von der hoffnungsl­os Liebenden zur rasenden Verstoßene­n.

Jonas Kaufmann, zu Beginn noch ein wenig vorsichtig, zeichnet in den Duetten mit der überzeugen­d höhensiche­ren Elisabeth Sonya Yonchevas hypersensi­bel die psychische Entwicklun­g des Titelhelde­n vom verliebten Teenager über den verzweifel­t Liebenden bis zur resigniert­en Selbstaufg­abe.

Herrlich böse der Großinquis­itor Dmitry Belosselsk­iy. Von der Regie Krzystof Warlikowsk­is eher als kleinforma­tiger Diktator denn als Herrscher der halben Welt gezeichnet: Ildar Abdrazakov­s König Philipp. Jubel, aber heftige Buhs für die Inszenieru­ng.

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VON JOSEF SCHMITT

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