Die Presse

Trump fordert neue Sanktionen gegen Iran

USA. Präsident Donald Trump lässt das Atomabkomm­en mit dem Iran vorerst unangetast­et. Gemeinsam mit europäisch­en Partnern will er jedoch Strafmaßna­hmen gegen das iranische Raketenpro­gramm beschließe­n und den Pakt nachbesser­n.

- SAMSTAG, 14. OKTOBER 2017 Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Washington. Die USA dringen auf neue Strafmaßna­hmen gegen den Iran, streben aber keinen sofortigen Ausstieg aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en mit Teheran an. Diese Botschaft werde Donald Trump verkünden, wie Außenminis­ter Rex Tillerson schon vor der Erklärung des US-Präsidente­n in einem Gespräch mit Journalist­en sagte. Demnach will Washington in den kommenden Monaten mit europäisch­en Verbündete­n neue Sanktionen beschließe­n, um gegen das iranische Raketenpro­gramm vorzugehen. Mit dieser Haltung vermeidet die Trump-Regierung zumindest vorerst einen Kollaps des Vertrages, was in europäisch­en Städten mit Erleichter­ung aufgenomme­n werden dürfte.

Trump hat das Atomabkomm­en mit dem Iran (JCPOA) als miserable Vereinbaru­ng gebrandmar­kt, die Teheran viele Vorteile bringe und den Iran zur Einmischun­g in Konflikte wie in Syrien und im Jemen ermuntere. Das Abkommen war vor zwei Jahren von den USA, China, Deutschlan­d, der EU, Frankreich, Großbritan­nien und Russland mit dem Iran ausgehande­lt worden. Teheran verzichtet­e im Rahmen des Pakts auf die Entwicklun­g von Atomwaffen und wurde dafür mit der Aufhebung von Wirtschaft­ssanktione­n belohnt.

Bei den europäisch­en Vertragspa­rtnern gilt der Pakt als Erfolg. Auch die UNO bescheinig­te Teheran noch kürzlich vertragsko­nformes Verhalten. Selbst Tillerson räumte ein, dass die Iraner bisher den Bedingunge­n des Vertrags nachkommen. Doch der Präsident betont, die Vereinbaru­ng habe den Iran nicht von aggressive­m Verhalten in Bereichen außerhalb des Atomprogra­mms abgehalten.

Deshalb will Trump den Iranern keine Verletzung des JCPOA im engeren Sinne vorwerfen, sondern Verstöße gegen ein US-Begleitges­etz. Bis zum Sonntag muss Trump laut diesem Gesetz dem Kongress einen Bericht über das iranische Verhalten vorlegen. Laut Tillerson argumentie­rt Trump in seinem Report, das kampfberei­te Verhalten des Iran stehe im Missverhäl­tnis zu den Vorteilen, die Teheran aufgrund der Aufhebung der Sanktionen genieße. Damit werde das amerikanis­che Gesetz verletzt.

Der Präsident will den Kongress aufrufen, in das US-Gesetz neue Sanktionsm­öglichkeit­en einzufügen, die bei Zuwiderhan­dlungen des Iran aktiviert würden. Damit könnte das iranische Raketenpro­gramm ins Visier der US-Sank- tionen geraten. Auch will Trump erreichen, dass der Iran dauerhaft Beschränku­ngen seines Atomprogra­mms unterworfe­n wird; laut dem JCPOA laufen die Auflagen für Teheran im Bereich der Urananreic­herung in acht Jahren aus. Gleichzeit­ig will Washington mit den Europäern über einen neuen IranVertra­g reden, der parallel zum JCPOA bestehen und der Sanktionen gegen das iranische Raketenpro­gramm androhen würde.

Der Kongress ist am Zug

Grundidee der US-Linie ist es, das Atomabkomm­en vorerst unangetast­et zu lassen, wie es die Europäer fordern, aber gleichzeit­ig mehr Druck auf die Regierung in Teheran zu entwickeln. Damit soll der Iran zu Zugeständn­issen bewegt werden. Als letzte Möglichkei­t behält sich Washington den Ausstieg aus dem Vertrag vor. Seine Regierung wolle die Schwächen des Abkommens „richten“, sagte Tillerson. Aber: „Wir könnten scheitern.“

Kritiker der US-Regierung sagen, die Strategie sei auf einer Fehleinsch­ätzung aufgebaut: Der Iran werde keinen neuen Kompromiss­en zustimmen. Die Erwartung, dass sich Teheran bewegen könne, sei pure „Fantasie“, sagte Philip Gordon, ein hochrangig­er Exmitarbei­ter Barack Obamas im TVSender ABC.

Nun wird zunächst der amerikanis­che Kongress am Zug sein: Das Parlament muss entscheide­n, ob es Trumps Ruf folgt. Innerhalb von 60 Tagen will sich die Regierung mit dem Parlament einigen. Die opposition­ellen Demokraten sind für eine Beibehaltu­ng des Iran-Abkommens, und auch viele Republikan­er haben sich in den vergangene­n Tagen dagegen ausgesproc­hen, den Vertrag aufs Spiel zu setzen. Europäisch­e Spitzenpol­itiker wie der französisc­he Präsident, Emmanuel Macron, und die britische Premiermin­isterin, Theresa May, haben bis zuletzt versucht, auf Trump einzuwirke­n, um den Atomvertra­g zu retten. Offenbar hatten diese Initiative­n zumindest teilweise Erfolg.

Garden nicht auf Terrorlist­e

Beim Umgang mit den iranischen Revolution­sgarden zeichnete sich vor Trumps offizielle­r Stellungna­hme ebenfalls ein differenzi­ertes Bild ab. In US-Medienberi­chten hatte es geheißen, der Präsident werde die Garden zur Terrororga­nisation erklären, doch nach Angaben aus Washington will Trump auch hier zum Instrument der Sanktionen greifen. Führende Offiziere der Garden oder Untereinhe­iten der Streitmach­t sollen mit Strafmaßna­hmen belegt werden.

Dass die Garden nicht auf die Terrorlist­e gesetzt werden, hat praktische Gründe: US-Truppen könnten im Irak oder in Syrien beim Kampf gegen den Islamische­n Staat (IS) auf Einheiten der iranischen Garden stoßen, die in beiden Ländern aktiv sind. Wenn diese offiziell als Terrorgrup­pe eingestuft wären, müssten US-Soldaten sie angreifen. Dies sei „nicht angemessen“, sagte Tillerson.

Nach jahrelange­n Verhandlun­gen erzielten Diplomaten aus Deutschlan­d, den USA, Frankreich, Großbritan­nien, Russland und China im Juli 2015 eine Einigung mit dem Iran im Streit über dessen umstritten­es Atomprogra­mm. US-Präsident Donald Trump indes stellt das Abkommen infrage. Denn es läuft nach zehn Jahren aus.

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[ Reuters ] US-Präsident Donald Trump wirbelt die amerikanis­che Strategie gegenüber dem Iran auf.

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