Trump fordert neue Sanktionen gegen Iran
USA. Präsident Donald Trump lässt das Atomabkommen mit dem Iran vorerst unangetastet. Gemeinsam mit europäischen Partnern will er jedoch Strafmaßnahmen gegen das iranische Raketenprogramm beschließen und den Pakt nachbessern.
Washington. Die USA dringen auf neue Strafmaßnahmen gegen den Iran, streben aber keinen sofortigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran an. Diese Botschaft werde Donald Trump verkünden, wie Außenminister Rex Tillerson schon vor der Erklärung des US-Präsidenten in einem Gespräch mit Journalisten sagte. Demnach will Washington in den kommenden Monaten mit europäischen Verbündeten neue Sanktionen beschließen, um gegen das iranische Raketenprogramm vorzugehen. Mit dieser Haltung vermeidet die Trump-Regierung zumindest vorerst einen Kollaps des Vertrages, was in europäischen Städten mit Erleichterung aufgenommen werden dürfte.
Trump hat das Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA) als miserable Vereinbarung gebrandmarkt, die Teheran viele Vorteile bringe und den Iran zur Einmischung in Konflikte wie in Syrien und im Jemen ermuntere. Das Abkommen war vor zwei Jahren von den USA, China, Deutschland, der EU, Frankreich, Großbritannien und Russland mit dem Iran ausgehandelt worden. Teheran verzichtete im Rahmen des Pakts auf die Entwicklung von Atomwaffen und wurde dafür mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen belohnt.
Bei den europäischen Vertragspartnern gilt der Pakt als Erfolg. Auch die UNO bescheinigte Teheran noch kürzlich vertragskonformes Verhalten. Selbst Tillerson räumte ein, dass die Iraner bisher den Bedingungen des Vertrags nachkommen. Doch der Präsident betont, die Vereinbarung habe den Iran nicht von aggressivem Verhalten in Bereichen außerhalb des Atomprogramms abgehalten.
Deshalb will Trump den Iranern keine Verletzung des JCPOA im engeren Sinne vorwerfen, sondern Verstöße gegen ein US-Begleitgesetz. Bis zum Sonntag muss Trump laut diesem Gesetz dem Kongress einen Bericht über das iranische Verhalten vorlegen. Laut Tillerson argumentiert Trump in seinem Report, das kampfbereite Verhalten des Iran stehe im Missverhältnis zu den Vorteilen, die Teheran aufgrund der Aufhebung der Sanktionen genieße. Damit werde das amerikanische Gesetz verletzt.
Der Präsident will den Kongress aufrufen, in das US-Gesetz neue Sanktionsmöglichkeiten einzufügen, die bei Zuwiderhandlungen des Iran aktiviert würden. Damit könnte das iranische Raketenprogramm ins Visier der US-Sank- tionen geraten. Auch will Trump erreichen, dass der Iran dauerhaft Beschränkungen seines Atomprogramms unterworfen wird; laut dem JCPOA laufen die Auflagen für Teheran im Bereich der Urananreicherung in acht Jahren aus. Gleichzeitig will Washington mit den Europäern über einen neuen IranVertrag reden, der parallel zum JCPOA bestehen und der Sanktionen gegen das iranische Raketenprogramm androhen würde.
Der Kongress ist am Zug
Grundidee der US-Linie ist es, das Atomabkommen vorerst unangetastet zu lassen, wie es die Europäer fordern, aber gleichzeitig mehr Druck auf die Regierung in Teheran zu entwickeln. Damit soll der Iran zu Zugeständnissen bewegt werden. Als letzte Möglichkeit behält sich Washington den Ausstieg aus dem Vertrag vor. Seine Regierung wolle die Schwächen des Abkommens „richten“, sagte Tillerson. Aber: „Wir könnten scheitern.“
Kritiker der US-Regierung sagen, die Strategie sei auf einer Fehleinschätzung aufgebaut: Der Iran werde keinen neuen Kompromissen zustimmen. Die Erwartung, dass sich Teheran bewegen könne, sei pure „Fantasie“, sagte Philip Gordon, ein hochrangiger Exmitarbeiter Barack Obamas im TVSender ABC.
Nun wird zunächst der amerikanische Kongress am Zug sein: Das Parlament muss entscheiden, ob es Trumps Ruf folgt. Innerhalb von 60 Tagen will sich die Regierung mit dem Parlament einigen. Die oppositionellen Demokraten sind für eine Beibehaltung des Iran-Abkommens, und auch viele Republikaner haben sich in den vergangenen Tagen dagegen ausgesprochen, den Vertrag aufs Spiel zu setzen. Europäische Spitzenpolitiker wie der französische Präsident, Emmanuel Macron, und die britische Premierministerin, Theresa May, haben bis zuletzt versucht, auf Trump einzuwirken, um den Atomvertrag zu retten. Offenbar hatten diese Initiativen zumindest teilweise Erfolg.
Garden nicht auf Terrorliste
Beim Umgang mit den iranischen Revolutionsgarden zeichnete sich vor Trumps offizieller Stellungnahme ebenfalls ein differenziertes Bild ab. In US-Medienberichten hatte es geheißen, der Präsident werde die Garden zur Terrororganisation erklären, doch nach Angaben aus Washington will Trump auch hier zum Instrument der Sanktionen greifen. Führende Offiziere der Garden oder Untereinheiten der Streitmacht sollen mit Strafmaßnahmen belegt werden.
Dass die Garden nicht auf die Terrorliste gesetzt werden, hat praktische Gründe: US-Truppen könnten im Irak oder in Syrien beim Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) auf Einheiten der iranischen Garden stoßen, die in beiden Ländern aktiv sind. Wenn diese offiziell als Terrorgruppe eingestuft wären, müssten US-Soldaten sie angreifen. Dies sei „nicht angemessen“, sagte Tillerson.
Nach jahrelangen Verhandlungen erzielten Diplomaten aus Deutschland, den USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China im Juli 2015 eine Einigung mit dem Iran im Streit über dessen umstrittenes Atomprogramm. US-Präsident Donald Trump indes stellt das Abkommen infrage. Denn es läuft nach zehn Jahren aus.