CDU und Grüne kritisieren Lindner
Deutschland. „Presse“-Interview mit FDP-Chef sorgt für Unmut bei Jamaika-Partnern.
Drei Wochen nach der schweren SPD-Schlappe bei den Bundestagswahlen und nach den privaten Kalamitäten um die neue südkoreanische Freundin ihres Nochmanns Gerhard Schröder hält Doris Schröder-Köpf ihren Kopf wieder hoch erhoben. Die frühere Journalistin und SPD-Landtagsabgeordnete in Niedersachsen, inzwischen mit dem dortigen Innenminister, Boris Pistorius, liiert, zeigt sich ziemlich zuversichtlich, bei den Landtagswahlen am Samstag ein Direktmandat in ihrem Wahlkreis in Hannover zu erringen. Das brachte sich auch in einem Interview mit der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik zum Ausdruck, in dem sie Wladimir Putin über den grünen Klee lobte und Angela Merkel wegen ihrer Russland-Politik harsch kritisierte.
Auch für die SPD in Niedersachsen, seit jeher eine Personalreserve der Partei – es ist unter anderem die politische Heimat Gerhard Schröders oder Sigmar Gabriels –, sind wieder rosigere Zeiten angebrochen. Nach dem überraschenden Wechsel der Grün-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU im August, der die rot-grüne Koalition platzen ließ und die Neuwahlen erst erzwang, waren die Sozialdemokraten und die Grünen aus allen Wolken gefallen. Die Rochade hat das politische Klima im Land an der Ems nachhaltig vergiftet, was die Koalitionsverhandlungen in Hannover noch erheblich beeinträchtigen dürfte.
Schwarz-gelbe Wende passe´
Laut jüngsten Umfragen hat die SPD den Rückstand von rund acht Prozentpunkten gegenüber der CDU aufgeholt oder die Christdemokraten sogar wieder eingeholt. Der Status quo war am Ende des rauen Wahlkampfs zwischen Ostfriesland und dem Harz, nach politischen Stürmen und Turbulenzen im zweitgrößten deutschen Bundesland, also wiederhergestellt. Die Spitzenkandidaten, der blasse SPDMinisterpräsident Stephan Weil und sein farbloser CDU-Herausforderer, Bernd Althusmann, lagen gleichsam Kopf an Kopf.
Stephan Weil konnte sich die Trendwende selbst auch nicht erklären. Vielleicht kommt der SPD ein Mitleidseffekt zugute. Der CDU-Spitzenkandidat, einst niedersächsischer Kulturminister, ehe er als Chef der Konrad-AdenauerStiftung nach Namibia ging, hat Weil in dessen Doppelfunktion als Aufsichtsratsmitglied und Großaktionär im Volkswagen-Konzern in der Dieselaffäre vehement attackiert. Das TV-Duell der beiden geriet dann auch recht ruppig.
Die Hoffnungen auf eine schwarz-gelbe Wende, eine Koali- Berlin/Wien. Das Plädoyer für die Wiederaufnahme Russlands in die G8, das FDP-Chef Christian Lindner in einem Interview mit der „Presse“gehalten hat, sorgt für Unmut bei den möglichen Partnern einer schwarz-gelb-grünen Jamaika-Koalition in Deutschland.
„Der Vorschlag des FDP-Vorsitzenden Lindner ist wenig hilfreich“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jür- tion zwischen CDU und FDP, sind indessen verflogen. Die potenziellen Juniorpartner der Volksparteien, FDP und Grüne, rangierten gleichauf bei neun Prozent. Die AfD hat sich nach ihrem Sensationserfolg im Bund auf sieben Prozent eingependelt, die Linkspartei dümpelte derweil bei fünf Prozent.
Fortsetzung des Wahlkampfs
Quasi als Fortsetzung des Bundestagswahlkampfs flogen im Finish auch die Spitzenpolitiker aus Berlin ein: Angela Merkel zog für Althusmann in den Ring, SPD-Chef Mar- gen Hardt, der Nachrichtenagentur Reuters. Es mangle nicht an Gesprächsgelegenheiten, sondern an Einsichtsfähigkeit beim russischen Präsidenten Putin. „Die Wiederaufnahme ins exklusive Gesprächsformat G8 würde Putin innenpolitisch als Bestätigung seines Kurses verkaufen, das wäre kontraproduktiv“, warnte Hardt.
Der Grünen-Außenpolitikexperte Omid Nouripour kritisierte tin Schulz und Außenminister Sigmar Gabriel sahen die Gelegenheit zur Revanche und zumindest für eine kosmetische Korrektur. Auch die Parteichefs von FDP und Grünen mischten am Ende mit.
Die Landtagswahl ist ein Barometer vor Beginn der Sondierungen der Kanzlerin mit CSU, Liberalen und Grünen für eine JamaikaKoalition in der kommenden Woche und spiegelt die Stärkeverhältnisse wider. Bis auf einige Positionierungen herrschte in Berlin bis zum Wahlsonntag in Niedersachsen ja politischer Stillstand. Lindners wechselnde Vorschläge zu Russland als widersprüchlich. „Vielleicht sollte er vor dem nächsten Vorschlag warten, bis Schwarz, Gelb und Grün zusammengesessen sind, um eine Russland-Politik zu erarbeiten“, sagte er Reuters. Lindner hatte er in der „Presse“erklärt, es fehle an Bereitschaft, im Zweifel Sanktionen gegen Moskau zu verschärfen, gleichzeitig aber auch an Dialogbereitschaft. (Reuters)