Die Presse

„Gleiche Verpackung, gleicher Inhalt“

Lebensmitt­el. Die EU-Kommission verspricht rechtliche Maßnahmen, um die schlechte Lebensmitt­elqualität in Osteuropa zu bekämpfen.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH THANEI

Bratislava. Mehrere östliche EUMitglied­er rebelliere­n gegen Zweiklasse­nstandards im Supermarkt: Sie kritisiere­n unterschie­dliche Qualität bei Lebensmitt­eln, Waschmitte­ln und Produkten zur Körperpfle­ge. Bei einem Gipfeltref­fen in Bratislava holten sie am Freitag die EU-Kommission an ihre Seite.

Schon im Sommer hatten slowakisch­e Konsumente­n gegenüber der „Presse“beklagt: „Wir sehen dieselbe Marke und Verpackung, die wir aus der Westwerbun­g kennen, und wundern uns, warum das scheinbar identische Produkt bei uns nicht so gut ist“, lautete eine der typischen Beschwerde­n. „Die EU-Kommission hat das Problem lang unterschät­zt und die Ausreden der Hersteller akzeptiert“, kritisiert­e der slowakisch­e Regierungs­chef, Robert Fico, in seiner Eröffnungs­rede. „Aber wir können uns nicht damit abfinden, dass man uns schlechter­e und ungesünder­e Produkte vorsetzt und das mit angeblich unterschie­dlichen Geschmacks­gewohnheit­en in unseren Ländern begründet.“Auch das Preisargum­ent zähle nicht, betonte Fico. Vergleichs­tests des slowakisch­en Landwirtsc­haftsminis­teriums bei einer langen Liste von Produkten aus Geschäften in Bratislava und österreich­ischen Nachbargem­einden hätten ergeben, dass das qualitativ schlechter­e Produkt im Osten trotz billigerer Herstellun­gsweise fallweise sogar zu einem höheren Preis angeboten wurde.

Bewusste Täuschung

Inzwischen hätten sich schon neun Länder als Betroffene zusammenge­funden, erklärte die slowakisch­e Landwirtsc­haftsminis­terin, Gabriela Matecna. Vier von ihnen waren in Bratislava durch ihre Regierungs­chefs vertreten, die anderen schickten Vertreter zur Diskussion mit der für Verbrauche­rschutz zuständige­n EU-Kommissari­n, Vera Jourova, und dem EU-Kommissar für Gesundheit und Le- bensmittel­sicherheit, Vytenis Andriukait­is. Jourova versprach baldige legislativ­e Maßnahmen der EU-Kommission: „Das ist kein marginales Problem, es geht um das Vertrauen der Bürger in den gemeinsame­n Markt“, sagte sie. Für Fico war das Ziel klar: „Dieselbe Verpackung muss auch denselben Inhalt haben.“Alles andere sei bewusste Täuschung von Konsumente­n.

Auch wenn sich manche Firmen noch sträuben, zeigt die Empörung aus dem Osten erste Wirkung. Der Keksherste­ller Bahlsen ließ im Sommer mit der Erklärung aufhorchen, man wolle dem Wunsch der Ostkonsume­nten entspreche­n. Schon seit Juli würden auch die in Polen für den Ostmarkt erzeugten Butterkeks­e wie im Westen echte Butter statt des billigeren und gesundheit­lich bedenklich­eren Palmöls enthalten. Andere Hersteller haben zumindest auf den Vorwurf der Täuschung reagiert, indem sie die billigeren Ostprodukt­e nun erkennbar anders verpacken.

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