Ich ziehe aus dieser Wahl die Konsequenz. Adieu, meine Freunde!
Bis zum Sonntag wird gekämpft. Und dann folgen die Dankesreden.
N och einmal schlafen, dann steht das Kurz-Kind vor der Tür. Oder der blaue Rache-Strache. Oder vielleicht doch erneut der Kern-Bub. Nachdem sich die smarte Generation Slimfit seit Wochen in TV-Shows politisch entblößt hat, wird sich der Arbeitskreis Apokalypse im Gegengift am Sonntagabend auch noch geduldig die Reden der vielen Sieger anhören. Viel stärker aber interessiert uns, wie die Verlierer reagieren werden, wie sie ihren Absturz mit trauriger Rede erklären. Falls es überhaupt Abstürze gibt. Zu wünschen wäre es, denn wahre Größe, das wissen wir aus den schönsten Tragödien seit Aischylos, zeigt sich im Verlust, genauer gesagt, nachdem die Hybris allgemein erkannt und bestraft wurde. Dann erst sind Parteien bereit zur radikalen Veränderung ihrer Planspiele.
Als Anregung haben wir in monumentalen Werken der Weltliteratur geblättert. Was haben Titanen des Weltgeistes vom Format Churchills, Schröders, Napoleons, Thatchers oder Kreiskys der Nachwelt an Weisheit mitgegeben, nachdem feststand, dass sie absatteln mussten? Es war nicht sehr kompliziert, aus diesen Sprüchen eine feine Abschiedsrede zu basteln. Vielleicht braucht sie ja morgen wer:
„Liebe Wählerinnen und Wähler! Soldaten meiner alten Garde! Wir wissen, dass niemand außer mir in der Lage ist, eine stabile Regierung zu bilden. Die Menschen wollten mich, aber sie haben mich diesmal nicht bekommen. Ich bin der Meinung, dass man aus einem solchen Wahlresultat die Konsequenzen zu ziehen hat. Und ich werde die Konsequenzen ziehen. Die bisher vorbewusste Überzeugung, dass wir geschlagen werden, hat sich inzwischen auch bei mir Bahn gebrochen. Sie beherrscht mich. Das ist wirklich eine List der Geschichte. Ich verabschiede mich. 20 Jahre habe ich Sie auf der Straße der Ehre und des Ruhms begleitet. In diesen letzten schweren Zeiten, genauso wie in den Tagen der Erfolge, waren Sie unerschütterliche Vorbilder von Mut und Treue gewesen. Es war für mich ein ungeheures Privileg, diesem Land zu dienen, es waren wunderbare, glückliche Jahre. Adieu, meine Freunde! Am liebsten würde ich Sie alle mitnehmen. Der Rest ist Elba.“