Ameisenkönigin wird zur Totengräberin
Bei Infektionsgefahr wird die tote Gefährtin entsorgt.
Der Lebenszyklus einer Königin im Ameisenstaat ist fast ausschließlich der Fortpflanzung – also der Eiablage – gewidmet. Nun haben Forscher am Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg ein zusätzliches Verhalten entdeckt: Eine Ameisenkönigin, die mit einer zweiten Königin in einer winzigen Kammer den Aufbau eines Staates vorbereitet, wird dann aktiv, wenn die Partnerin stirbt. Dann entfernt sie deren toten Körper.
Die überlebende Königin beißt und zerkleinert den Körper der toten Königin, dann vergräbt sie die Reste. Die Entfernung toter Ameisen fällt üblicherweise in die Tätigkeit der Arbeiterameisen. In diesem Fall, bei dem die beiden Königinnen ja allein in der Kammer waren, entsorgt aber die überlebende Königin die andere, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.
„Das ist eine wichtige Infektionsvorbeugung der Königin“, sagt Christopher Bull, derzeit Postdoc an der Royal Holloway University of London, der mit IST Austria-Professorin Sylvia Cremer die Spezies der Schwarzen Gartenameisen über einen längeren Zeitraum beobachtet hat. Die Studie wurde in der Open-Access-Zeitschrift „BMC Evolutionary Biology“veröffentlicht.
Eine Königin infiziert
Die ISTA-Forscher belegen ihre These mit Prozentzahlen. Bei den beobachteten Ameisen gründen 18 Prozent der Königinnen gemeinsam eine Kolonie. In der Studie wurde bewusst eine Königin mit einem Pilzerreger infiziert. Stirbt diese, dann zerlegten 74 Prozent der überlebenden Königinnen die Tote, 67 Prozent begruben auch die einzelnen Teile.
Die Gruppe der Evolutionsbiologin Sylvia Cremer widmet sich der evolutionären Immunologie von Ameisengesellschaften. Das Team erforscht seit 2010 die individuelle und kollektive Krankheitsabwehr von Ameisen. (ewi)