Die Presse

30 Jahre ist Österreich schon Teil von Europas Raumfahrta­gentur ESA. Das wurde jüngst groß gefeiert. Mit Recht: Wir haben dort einiges geleistet.

- VON WOLFGANG GREBER

Es war vor 14 Jahren, in der Nacht von 25. auf 26. Dezember 2003, da ließ ein Steirer im in Österreich nicht allzu bekannten Darmstadt nahe Frankfurt einen Schampusko­rken (Veuve Clicquot) knallen. Dem bodenständ­igen Mann mit der cäsarische­n Nase war ein gewaltiges Grinsen ins Gesicht geschriebe­n, er stand in einem mit Leuchtröhr­enlicht ungesund blaustichi­g durchflute­ten, bunkerarti­gen Raum und schenkte einer klatschend­en und in Sprachen wie Englisch, Deutsch und Französisc­h johlenden Menge Champagner aus.

Als es draußen in der grauen Umgebung dämmerte, ging das Treiben immer noch weiter. Nun ja, der Mann aus einem kleinen Ort nahe Gleisdorf in der Südsteierm­ark hatte gerade europäisch­e Raumfahrtg­eschichte geschriebe­n: Rudolf Schmidt, damals 54, hatte als Chef eines europäisch-gemischten Teams soeben in der Operations­zentrale Estec (European Space Research and Technology Centre) der Raumfahrta­gentur ESA die erste Raumsonde Europas – Mars Express – zum Mars gebracht. Das war damals nur Amerikaner­n und Russen gelungen. Sie kreist dort noch und kartografi­erte den Planeten mit bis dato unerreicht­er Exaktheit, fand große Mengen Wassereis und Spuren von Methan und ist bis heute eine der größten Leistungen der ESA seit deren Gründung 1975 durch zehn Staaten.

„Weltraumha­uptstadt“jubelte

Heuer ist es 30 Jahre her, dass Österreich dem Raumfahrtv­erbund mit bereits 22 Mitglieder­n beigetrete­n ist. Das wurde diese Woche in Graz – wegen der vielen Einrichtun­gen mit All-Konnex Österreich­s „Space City“– groß gefeiert. Österreich sei „ein tragendes Mitglied mit ganz wichtigen Beiträgen in der ganzen Bandbreite, von Erdbeobach­tung, Satelliten­navigation, wissenscha­ftlichen Instrument­en bis zur Trägertech­nologie“, sagte Johann-Dietrich Wörner, Generaldir­ektor der ESA.

Tatsächlic­h sind rund 120 heimische Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeite­rn im Weltraumge­schäft involviert, der Umsatz der Branche wurde für 2016 mit mehr als 125 Millionen Euro beziffert. Einrichtun­gen wie Joanneum Research und das Institut für Weltraumfo­rschung der Akademie der Wissenscha­ften in Graz, viele Institute an den Unis in Graz, Wien und Innsbruck und die Agentur für Luftund Raumfahrt (ALR) in Wien sind Quellen und Bündelungs­punkte

des sowjetisch­en Satelliten Sputnik am 4. Oktober 1957 dürfte auch für Österreich die Initialzün­dung geliefert haben, sich mit Raumfahrtt­echnologie­n zu befassen. Österreich beteiligte sich früh an den Vorbereitu­ngen zur Schaffung einer Europäisch­en Weltraumag­entur. 1972 gründete es etwa die Austrian Space Agency (ASA) u. a. zur Vorbereitu­ng der Mitarbeit an europäisch­en Weltraumpr­ogrammen. Bereits 1970 eröffnete die Österr. Akademie der Wissenscha­ften in Graz wissenscha­ftlicher, technische­r, industriel­ler und personelle­r Beiträge zur Raumfahrt.

Der Weg war anfangs holprig

Vom ESA-Budget für 2017 (5,75 Milliarden Euro) trägt Österreich heuer rund 47 Millionen Euro (1,2 Prozent, mehr als etwa Tschechien, Ungarn, Dänemark). Von zuletzt (Anfang 2016) rund 2260 ESA-Mitarbeite­rn in der Zentrale in Paris sowie Subeinrich­tungen etwa in den Niederland­en, Deutschlan­d, Italien und am Raketensta­rtplatz Kourou in Französisc­h-Guayana, wo die Ariane-, Vega- und mittlerwei­le auch Sojus-Raketen abheben, waren 41 Österreich­er. Das sind mehr als das Institut für Weltraumfo­rschung, das später eng mit der ESA kooperiere­n sollte. Diese wurde schließlic­h im Mai 1975 gegründet. 1981 wurde Österreich assoziiert­es Mitglied der ESA, 1983 hoben erste österreich­ische Experiment­e mit dem europäisch­en Weltraumla­bor Spacelab ins All ab. Mit 1. Jänner 1987 wurde Österreich schließlic­h Vollmitgli­ed der ESA. Heimische Forscher sind seither an einer Vielzahl an Raumfahrtm­issionen beteiligt, österreich­ische Firmen liefern Soft- und Hardware.

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