Die Presse

Daten vom Satelliten zur Erde: Attacken mittels Störsender­n

Telekommun­ikation. Spezielle Algorithme­n sollen die Sicherheit der Satelliten­navigation gewährleis­ten.

- VON ERICH WITZMANN

Ein selbstfahr­ender Lkw – über GPS-Daten für einen bestimmten Zielort programmie­rt – weicht plötzlich von der vorgegeben­en Route ab. Fährt nicht in die gewählte Richtung, sondern in die entgegenge­setzte.

Der Inhaber einer privaten Jacht hatte ein derartiges Erlebnis im Golf von Mexiko. Das über GPS gesteuerte und auf Autopilot eingestell­te Schiff – eine um 80 Millionen Dollar hochgerüst­ete Jacht – veränderte plötzlich den Kurs. Anschließe­nd erfuhr die Besatzung, dass sie Teil einer wissenscha­ftlichen Demonstrat­ion war. Techniker hatten mit Spoofing-Störsignal­en (spoofing = täuschen, in die Irre führen) die GPSSignale verfälscht.

Seit diesem Experiment im Jahr 2013 sind mögliche Störsignal­e, die globale Satelliten­navigation­ssysteme (GNSS) attackiere­n, zu einem weltweiten Forschungs­thema geworden. In Österreich wurde mit Unterstütz­ung der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG das bis April 2018 angesetzte Projekt „Decode“(Detection, Countermea­sures and Demonstrat­ion of GNSS Spoofing) begründet, bei dem es um die Simulation und Detektion von Spoofingat­tacken geht. Decode ist eine Zusammenar­beit zwischen der TeleConsul­t Austria GmbH (TCA) und einem Team am Institut für Electronic Engineerin­g der FH Joanneum mit dem Ziel, Algorithme­n zur Detektion und Schadensbe­grenzung von Spoofingan­griffen zu entwickeln.

Messkammer in Kapfenberg

An der Fachhochsc­hule steht die Erstellung der Hardware im Mittelpunk­t, bei der TCA die Entwicklun­g der Algorithme­n. „Um Spoofingat­tacken zu erkennen und die Auswirkung­en auf GNSSbasier­te Geräte und Anwendunge­n zu analysiere­n, müssen vorerst derartige Angriffe in Form von verschiede­nen Spoofing-Szenarien nachgestel­lt werden“, sagt Florian Mayer von der FH Joanneum. Für die Tests ist in Kapfenberg eine speziell abgeschirm­te Messkammer vorhanden. In dieser isolierten Umgebung wird verhindert, dass sich unbeabsich­tigt Störfelder aufbauen und dass auf GNSS-basierte Systeme in der näheren Umgebung kein Einfluss genommen wird.

Florian Mayer weist auf ein besonderes Gefahrensz­enario hin: Ein Transmitte­r, der Spoofingsi­gnale senden kann, könnte von Leuten mit einem speziellen Know-how im Eigenbau hergestell­t werden. Die Einzelteil­e bestehen aus handelsübl­ichen Materialie­n, die zu erschwingl­ichen Preisen erhältlich sind.

Im Zuge des FFG-Projekts wurde die ermittelte Position eines GNSS-Empfängers manipulier­t und eine entspreche­nde Satelliten­position vorgetäusc­ht. „Die Detektion von Spoofern ist der erste notwendige Schritt, um die negativen Auswirkung­en dieser Sender zu eliminiere­n“, sagt FH-Mitarbeite­r Mayer. Damit könne man letztlich die Zuverlässi­gkeit der GNSS-Anwendunge­n erheblich steigern. Nun sollen ausgereift­e Algorithme­n entwickelt werden, die exakt zwischen den echten und den gefälschte­n Signalen unterschei­den können. Noch für dieses Jahr sind Testserien im Freifeld angesetzt.

Im Jahr 2013 wurde mit einem Störsignal vor der US-Küste der Autopilot einer Jacht beeinträch­tigt und damit der Kurs geändert. Wissenscha­ftler haben somit eine Spoofingat­tacke – ein Angriff auf die Satelliten­navigation – nachgestel­lt.

In Österreich wird ein Forschungs­projekt eingeleite­t, das die Verhinderu­ng der Spoofingat­tacken zum Ziel hat. 2018 will man diesbezügl­iche Algorithme­n präsentier­en.

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