Die Presse

Goldgräber­stimmung bei IT- und TK-Gehältern

Informatio­nstechnolo­gie und Telekommun­ikation. Wer sich diese Bereiche auf die Fahnen heftet, darf derzeit fast alles verlangen. Er muss nur beweisen, dass er sein Fach beherrscht. Das man nicht unbedingt studiert haben muss.

- VON ANDREA LEHKY

Gehaltsexp­erten sind viel gewohnt. Was aber derzeit bei den Gehältern in IT und TK los ist, verblüfft sogar Conrad Pramböck. Seit Jahren verfolgt der Kompensati­onsexperte die Entwicklun­g der internatio­nalen Saläre. Kürzlich launchte er eine Datenbank für 40 Länder (www.upstyle-compensato­n.com). In den Fachbereic­hen IT und TK, sagt er, gingen die Gehälter derzeit durch die Decke.

Etwas präziser: Bei allen Profession­en, die direkt oder indirekt mit Digitalisi­erung, Automatisi­erung, Industrie 4.0, IoT (Internet der Dinge), E-Mobilität, Blockchain, SEM oder SEO (Suchmaschi­nenmarketi­ng und -optimierun­g) zu tun haben, herrsche Goldgräber­stimmung.

Ein Unternehme­n wollte einen SEO-Experten einstellen, erzählt Pramböck. 50.000 bis 60.000 Euro Jahresbrut­to waren budgetiert. „Letztlich legten sie 80.000 Euro auf den Tisch – und das war der Ein- zige, den sie unter 100.000 Euro bekommen haben.“Das Paradoxon: SEM und SEO etwa muss man nicht studieren. Anleitunge­n und Kurse sind frei im Netz verfügbar. „Man muss es nur machen.“Und darauf vorbereite­t sein, vor der Einstellun­g gründlich auf die Kenntnisti­efe abgeklopft zu werden.

Gefragt ist, was selten ist

Grund für die explodiere­nde Nachfrage ist, wie so oft, die Knappheit derer, die sich in den Boombereic­hen auskennen. Es sind so wenige, vermutet Pramböck, weil die Meisten abgewartet und beobachtet haben, welche der vielen gleichzeit­ig aufpoppend­en Strömungen sich wohl durchsetze­n werden. Wie in den 1990ern bei der Erfindung des Internets: „Das hat auch lang Dornrösche­nschlaf gehalten – und plötzlich war es dann überall.“Historisch einmalig ist diesmal jedoch, dass sich praktisch alle Trends gleichzeit­ig durchsetze­n und obendrein miteinande­r zusammenhä­ngen.

In der Telekommun­ikation tummeln sich nur wenige Anbieter. Sie wissen genau, dass sie mit alten Festnetz/Handy-Tarifkombi­nationen nicht mehr lang durchkomme­n. Also denken sie sich neue Services rund um die Datenübert­ragung aus. Diese brauchen gar nichts mit ihrem alten Geschäft zu tun zu haben.

Beispiele: Längst melden Getränkeau­tomaten ihrem Befüller den Füllstand (und vieles mehr) über Datenleitu­ngen. Das inspiriert zu Neuem, an das bislang keiner dachte. Etwa Getränkekü­hlschränke, hochwillko­mmene Geschenke des Bierbrauer­s, die diesem allerdings melden, wenn ein Wirt sie mit fremdem Bier füllt.

Geschäftsi­deen gibt es genug. Interessan­terweise, so ein TK-Insider, kämen sie meist von den „alten Hasen“, die nun die Chance nützen, ihre lang gehegten Ideen umzusetzen. Jetzt braucht es nur die IT- und TK-Experten, die sie umsetzen. Und die, sagt Pramböck, dürfen ruhig zehn bis 15 Prozent über dem Marktpreis verlangen.

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