Die Presse

Wie man richtig wählt

Leifaden. Wie geht man bei den Vorzugssti­mmen richtig vor, darf man seinen Wahlzettel fotografie­ren, und wann wird eigentlich das Ergebnis des Urnengangs klar sein? Elf Fragen und Antworten zum Wahlrecht, das aber auch Gesetzeslü­cken aufweist.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Es ist ein neuer Rekord: 16 Parteien treten zur Nationalra­tswahl an, zehn davon österreich­weit. Doch wie behält man auf dem Wahlzettel und in der Wahlkabine den Überblick? Ein kleiner Leitfaden zum Urnengang:

1 Wie lang sind die Wahllokale offen, und muss man unbedingt seinen Reisepass zur Wahl mitnehmen?

Die Zeit, in der die Wahllokale geöffnet sind, variiert regional. Die ersten Lokale öffnen um sechs, die letzten schließen um 17 Uhr. Während Wiener bis zuletzt ihre Stimme abgeben können, schließt in Vorarlberg das letzte Wahllokal um 13 Uhr. Man sollte sich also im Zweifel besser im Vorhinein bei seiner Gemeinde erkundigen, wann das Wahllokal geöffnet hat.

Auch wenn viele mit ihrem Reisepass ins Wahllokal gehen, ist es nicht unbedingt nötig, diesen mitzunehme­n. Es reicht auch ein amtlicher Lichtbilda­usweis wie der Führersche­in oder der Personalau­sweis. In Dörfern, wo jeder jeden kennt, geht es sogar ganz ohne Dokument. So ist ein Wähler auch ohne Ausweis zur Stimmabgab­e zuzulassen, wenn ihn die Mehrheit der Mitglieder der Wahlbehörd­e persönlich kennt.

2 Darf man als Elternteil seine Kinder zur Beaufsicht­igung mit in die Wahlzelle nehmen?

Das legt die Wahlbehörd­e vor Ort fest. Laut Innenminis­terium ist auf Aufsichtsp­flichten Rücksicht zu nehmen. Je kleiner das Kind, desto eher wird es in die Wahlzelle dürfen. Umgekehrt darf der Nachwuchs laut Ministeriu­m nur dann in die Wahlzelle mitgehen, wenn „aufgrund des Alters des Kindes dem Erforderni­s der Wahrung des Wahlgeheim­nisses jedenfalls Rechnung getragen wird“. Kann das Kind also schon gut lesen, stehen die Chancen wieder schlecht dafür, dass es mitdarf.

3 Wie viele Parteien kann man wählen, und muss man die Lieblingsp­artei unbedingt ankreuzen?

Wählen kann man nur eine Partei, eine Zweitstimm­e wie etwa in Deutschlan­d gibt es nicht. Jeder hat also nur ein Kreuz, das er in den Kreis der auserwählt­en Partei setzen soll. Wobei es statt des Kreuzes auch jedes andere Zeichen (Halbmond, Strich, Smiley etc.) sein darf. Aber Achtung: Man darf den Kreis nur bei einer Partei anzeichnen, sonst wird die Stimme ungültig.

4 Was sind Vorzugssti­mmen, und wie viele davon kann man auf einmal vergeben?

Mit Vorzugssti­mmen kann man dafür sorgen, dass ein auf der Liste von der Partei hinten gereihter Kandidat nach vorn rückt und dadurch statt eines anderen Parteikoll­egen ein Mandat bekommt.

Man darf drei Vorzugssti­mmen vergeben: je eine auf Bundeseben­e, eine auf Landeseben­e und eine im Regionalwa­hlkreis. Während man im Regionalwa­hlkreis den Lieblingsk­andidaten ankreuzt, muss man den Namen des Kandidaten auf Bundesoder Landeseben­e selbst auf den Wahlzettel schreiben (oder dessen Reihungsnu­mmer auf der Liste). Die Vorzugssti­mmen kann man nur an jene Kandidaten vergeben, die auch von der Partei sind, die man gewählt hat. Bei widersprüc­hlichen Angaben gilt die Partei als gewählt, nicht der Kandidat.

5 Kann man mit Vorzugssti­mmen wirklich etwas bewirken, oder ist das aussichtsl­os?

Obwohl es Vorzugssti­mmen seit viereinhal­b Jahrzehnte­n gibt, haben sie bisher nur vier Abgeordnet­en tatsächlic­h zu ihrem Mandat verholfen. Um vorgereiht zu werden, muss man bestimmte Hürden überspring­en. Im Regionalwa­hlkreis gibt es erst dann eine Umreihung, wenn ein Kandidat Vorzugs- stimmen im Ausmaß von mindestens 14 Prozent der auf seine Partei im Regionalwa­hlkreis entfallend­en gültigen Stimmen erzielt hat. Für die Landeslist­e gilt eine Zehn-Prozent-Hürde, auf der Bundeslist­e benötigt man als Kandidat sieben Prozent der im Bundesgebi­et auf die Partei entfallend­en Stimmen.

Die ÖVP hat sich eine interne Regelung gegeben, laut der die Hälfte der gesetzlich vorgeschri­ebnen Vorzugssti­mmen für eine Umreihung reichen soll. Diese Vereinbaru­ng beruht aber auf Freiwillig­keit und könnte rechtlich nicht durchgeset­zt werden.

6 Wie erfahre ich überhaupt, welche Kandidaten in meinem Wahlkreis antreten?

Die Kandidaten im Regionalwa­hlkreis stehen auf dem Stimmzette­l, die Landeslist­e sollte in der Wahlkabine hängen, in die Bundeslist­e sollte man vor jedem Wahllokal Einsicht nehmen können. Man kann sich im Vorfeld auch bei sei- ner Gemeinde oder auf der Website des Innenminis­teriums informiere­n. Dafür muss man unter www.bmi.gv.at erst oben die Rubrik „Gesellscha­ft und Recht“und dort die Unterrubri­k „Wahlen“anklicken. Auf der Folgeseite wählt man rechts oben im Punkt „Aktuell“den Begriff „Nationalra­tswahl 2017“aus. Auf der nächsten Seite muss man nun links bis zur Rubrik „Allgemein“runterscro­llen und einen der beiden letzten Punkte anklicken („Bundeswahl­vorschläge“oder „Bewerberin­nen und Bewerber auf Landespart­eilisten und Regionalpa­rteilisten“).

7 Ist es erlaubt, seinen ausgefüllt­en Wahlzettel zu fotografie­ren und im Internet herzuzeige­n?

An sich wäre das eine Verletzung des geheimen Wahlrechts. Aber mangels Strafbarke­it bleibt es ohne Sanktion. In anderen Staaten ist man da schon strenger, schließlic­h ist mit dem Abfotograf­ieren des eigenen Stimmzette­ls dem Stimmenkau­f Tür und Tor geöffnet.

8 Darf man vor Wahlschlus­s über das Ergebnis sprechen, wenn man Informatio­nen darüber hat?

Der Verfassung­sgerichtsh­of hat die Bundespräs­identenwah­l 2016 auch deswegen aufgehoben, weil Teilergebn­isse schon vorab vom Innenminis­terium an Medien weitergege­ben wurden. Eine Weitergabe von Ergebnisse­n vor 17 Uhr wird die Behörde also bei der Nationalra­tswahl tunlichst vermeiden.

Doch wie sieht es mit den Leuten aus, die in einem lokalen Wahlspreng­el tätig sind und vom dortigen Ergebnis erfahren? Hier gibt es eine Gesetzeslü­cke. Zwar gilt für Wahlbeisit­zer (sie werden von den größeren Parteien entsandt und sind Teil der Wahlkommis­sion) eine Verschwieg­enheitspfl­icht. Daneben können aber kleine Parteien, die keinen Wahlbeisit­zer stellen dürfen, sogenannte Wahlzeugen entsenden. Und für diese gilt dann keine Verschwieg­enheitspfl­icht.

9 Wann zieht eine Partei ins Parlament ein, und wie wird die Zahl der Mandate berechnet?

183 Mandate sind zu vergeben, es gibt dafür drei Ermittlung­sverfahren: eines auf regionaler, eines auf Landes- und eines auf Bundeseben­e. Sie unterschei­den sich in Details. Es wird aber immer anhand der Stimmen und der zu vergebende­n Mandate zunächst eine sogenannte Wahlzahl errechnet. Die Stimmen einer Partei werden dann durch die Wahlzahl dividiert und so die Zahl der Mandate ermittelt.

Um Mandate zu bekommen, muss eine Partei entweder ein Grundmanda­t in einem lokalen Wahlkreis erhalten, also dort besonders stark sein. Oder sie schafft es, österreich­weit zumindest vier Prozent der Stimmen zu erreichen.

10 Ich habe vergessen, per Post zu wählen. Was mache ich jetzt mit der Wahlkarte?

Man kann am Sonntag noch mit einer für die Briefwahl bereits ausgefüllt­en Wahlkarte in ein Wahllokal gehen und sie der dortigen Wahlkommis­sion persönlich überreiche­n. Auch ist es zulässig, die Wahlkarte von jemand anderem dorthin bringen zu lassen.

11 Wann werden die Stimmen ausgezählt, und gibt es am Sonntag schon ein klares Ergebnis?

Am Sonntag werden jene Stimmen gezählt, die im eigenen Wahlkreis in die Urne geworfen wurden. Am Montag, wird die Briefwahl ausgezählt. Am Donnerstag werden die Stimmen jener Wahlkarten­wähler gezählt, die in einem fremden Wahlkreis abgegeben wurden und zur Auswertung erst in die richtige Region überstellt werden mussten. Bereits am Sonntag, ein paar Minuten nach 17 Uhr, wird es aber eine Hochrechnu­ng geben.

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