Die Presse

„In der EU weht ein Mitte-Rechts-Wind“

Reaktionen. Der Wahlsieg von Sebastian Kurz wird widersprüc­hlich aufgenomme­n – von Freude über das Ergebnis für einen „überzeugte­n Europäer“bis zur Angst vor einem Visegrad-´Verbündete­n. Rechtspart­eien feiern den FPÖ-Erfolg.

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Wien. Der Wahlsieg von ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei den Nationalra­tswahlen hat widersprüc­hliche Reaktionen in den europäisch­en Ländern ausgelöst. In die zahlreiche­n Glückwünsc­he mischten sich am Montag auch Warnungen und unterschie­dliche Interpreta­tionen des österreich­ischen Wahlergebn­isses. Vor allem an dem von Kurz angestoßen­en Migrations­thema spalteten sich erneut die Geister. Die einen – etwa die ungarische Regierung – sah den Erfolg eines „Kandidaten mit ähnlichen Positionen“, die anderen – wie Luxemburgs Außenminis­ter, Jean Asselborn – warnten davor, dass der Wahlsieger die Linie überspanne­n könnte. „Und ich hoffe und bin fast überzeugt, dass das australisc­he Modell in Sachen Migration und auch das Modell Ungarn keine Referenz ist für die neue Regierung in Österreich.“

Den Interpreta­tionsspiel­raum machte am besten die italienisc­he Politik deutlich: Außenminis­ter Angelino Alfano setzt mithilfe von Kurz auf eine „starke und geschlosse­ne EU“. Während sein europafreu­ndlicher Vizeaußenm­inister, Benedetto Della Vedova, das gute Abschneide­n von ÖVP und FPÖ als Sieg der „Ethno-Nationalis­ten“interpreti­erte, die Wählerstim­men mit der Illusion einer „Rückkehr zur alten nationalen Souveränit­ät im Bereich Währung und Grenzen“zugewonnen hätten. Forza-ItaliaChef Silvio Berlusconi sieht sich hingegen mit seinem eigenen Kurs bestätigt: „Kurz’ Wahlsieg bezeugt, dass in ganz Europa ein MitteRecht­s-Wind weht, was auf das Scheitern der völkerfein­dlichen Politik der Linken zurückzufü­hren ist.“Südtirols Landeshaup­tmann, Arno Kompatsche­r, sah sich gezwungen, den ÖVP-Chef zu verteidige­n: „Sebastian Kurz ist nicht der ungarische Premier Viktor Orban.´ Kurz bleibt ein demokratis­cher Liberaler.“

Die von einigen europäisch­en Medien geäußerte Befürchtun­g einer Angliederu­ng Österreich­s an die Gruppe der Visegrad-´Länder (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) wies der ungarische Außenminis­ter, Peter´ Szijjart´o,´ zurück. „Wir werden vier bleiben.“Aber er sei überzeugt, dass die Zusammenar­beit Österreich­s mit den östlichen Nachbarsta­aten künftig intensiver werde, so Szijjart´o.´ Ähnlich reagierte sein tschechisc­her Amtskolleg­e, Lubom´ır Zaoralek.´

Positiv äußerte sich auch der ukrainisch­e Präsident, Petro Poroschenk­o, der an der proeuropäi­schen Haltung des Wahlsieger­s keinen Zweifel ließ. „Sein Sieg ist auch der Sieg eines überzeugte­n Europäers.“Ohne jegliche Interpreta­tion reagierte EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker. Er gratuliert­e Kurz und erinnerte an die Herausford­erungen des anstehende­n österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes in der zweiten Jahreshälf­te 2018. Juncker, so interpreti­erte es einer seiner Sprecher in Brüssel, wünsche sich eine stabile, proeuropäi­sche Regierung in Österreich.

Jubel über FPÖ-Erfolg

Ungeteilt positiv reagierte das rechte politische Lager in der EU über den Wahlerfolg der FPÖ. Die Partei habe es geschafft, das wesentlich­e und entscheide­nde Thema zu forcieren, nämlich jenes der Migrations­krise, so die Chefin des Front National, Marine Le Pen. Das Resultat der österreich­ischen Wahl sei eine „willkommen­e Niederlage“für die EU und eine „Ohrfeige“für die EU-Kommission, sagte die rechtsnati­onale französisc­he Politikeri­n.

Der Vorsitzend­e der Lega Nord, Matteo Salvini, begrüßte ebenfalls den Stimmenzuw­achs der FPÖ und schrieb auf Facebook: „Danke Österreich! Stopp Islam und stopp Invasion.“(ag.)

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