Die vergessene Terrorgefahr aus Somalia
Ein Anschlag in Mogadischu, der vermutlich auf das Konto von al-Shabaab ging, forderte mehr als 300 Tote. Wann schlägt die radikale Miliz in Europa zu?
Kapstadt/Mogadischu. Als Direktor des Medina-Krankenhauses, einem der größten Krankenhäuser Mogadischus, ist Mohamed Yusuf Hassan Bilder des Terrors gewöhnt. Doch der Anschlag vom Samstag, bei dem mindestens 300 Menschen starben, traumatisierte auch ihn. „Ich habe so etwas noch nie erlebt“, sagte Hassan der BBC, „Körper sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.“
Eine Lastwagenbombe war vor einem Hotel in Somalias Hauptstadt explodiert, in dessen Nähe sich Regierungsbüros befinden. Bekannt hat sich vorerst niemand, doch die Regierung hält es für wahrscheinlich, dass die radikalislamische Organisation al-Shabaab verantwortlich ist. Es wäre das schwerste Verbrechen in der zehnjährigen Geschichte der Terroristen.
Avancen des IS abgewehrt
Die al-Shabaab-Führung wehrt – mit Ausnahme einer Splittergruppe in Puntland – bisher konsequent die Avancen der Terrormiliz IS ab, was wohl erklärt, warum bisher nur wenige westliche Einrichtungen ins Visier der Extremisten gerieten. Die Attacken der somalischen Terroristen konzentrieren sich auf staatliche Einrichtungen im eigenen Land oder auf das benachbarte Kenia, seit es im Jahr 2011 Truppen in den Kampf gegen die Islamisten schickte.
Al-Shabaab kontrolliert längst nicht mehr so viel Territorium wie noch vor einigen Jahren, als es Teile Mogadischus sowie andere Großstädte beherrschte. Zu unterschätzen ist die Organisation dennoch nicht. Sie agiert in einem gescheiterten Staat. Ohne die 22.000 Soldaten der Afrikanischen Union versänke das Land im Chaos.
Engländer in Terrorcamps
In der vergangenen Woche gelang al-Shabaab sogar die Eroberung der nur 50 Kilometer von Mogadischu entfernten Stadt Bariire. Die USA haben auf diese Entwicklung schon vor einigen Monaten reagiert. Präsident Donald Trump genehmigte erstmals seit dem Jahr 1994 den Einsatz der US-Streitkräfte in Somalia und erklärte das Land zur „aktiven Kampfzone“.
Es ist bekannt, dass ausländische Terroristen, vor allem aus England, in Somalia trainieren. Zwar wurden sie noch nicht für Anschläge in Europa eingesetzt, doch schon im Jahr 2012 warnte Jonathan Evans, der damalige Chef des britischen Geheimdienstes MI5, dass Somalia zur neuen Brutstätte des internationalen Terrors werden könnte. Er bezeichnete es als „Frage der Zeit, bis wir auf unseren Straßen Terror erleben, der von jenen inspiriert wird, die heute an der Seite von al-Shabaab kämpfen“.