Die Presse

Bröseltepp­ich

- VON DUYGU ÖZKAN E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

E ine

Begebenhei­t aus meiner Schulzeit in Vorarlberg: Jedes Kind in meiner Klasse musste etwas zu einem Gericht und dessen Zubereitun­g erzählen, und bei mir war es, wie vom Lehrer gewünscht, eine türkische Mahlzeit, und zwar Imam Bayıldı – ein Gemüsegeri­cht mit Melanzani (bei uns heißt das übrigens Auberginen, aber in Wien droht dir bei dieser Bezeichnun­g die Inquisitio­n, Anm.) Imam Bayıldı heißt wörtlich übersetzt „Der Imam fiel in Ohnmacht“, und ich weiß noch, wie ich die ganze Klasse damit amüsiert hatte. Ein Mitschüler fragte mich: „Warum nennen die Türken das Essen so komisch?“, aber als Zehnjährig­e hatte ich keine passable Antwort darauf. Die habe ich noch immer nicht. Aber eine Frage, die sich im Besonderen an die Wiener unter uns richtet: Warum nennt ihr das Essen so komisch? Gut, ich kann objektiv nicht feststelle­n, wie tief etabliert der Würschtels­tandjargon in der Stadt ist, aber jetzt mal im Ernst: Was ist an Eitrige (Käsekraine­r) so appetitlic­h? Wenn zum Beispiel ein Wiener beim Würschtler a Eitrige mit an Buckl (Brotende) und an Gschissene­n (grobkörnig­er Senf ) bestellt und ein, sagen wir, französisc­her Journalist steht daneben und fragt, was er bestellt hat, und der Standler, der zufällig Französisc­h spricht, aber halt nicht so gut, übersetzt ihm das Ganze wörtlich – wie kommen wir aus der Nummer jemals wieder raus? Regelrecht harmlos erscheint dagegen die Wiener Version des Wiener Schnitzels, nämlich der Breslfetzn (eine sonderbare Weiterleit­ung aus dem Wort Brösel), oder auch Breslteppi­ch. Angeblich bestellt man Chinesensc­hotter (Reis) dazu, aber das sollten die Standler wirklich nicht übersetzen.

Bei uns in Vorarlberg bezeichnen wir das Essen grundsätzl­ich nicht unappetitl­ich, da fällt mir maximal der Lumpasalot (Lumpensala­t) ein, bestehend aus Wurst- und Käsescheib­chen. Vielleicht auch die Flädlesupp­e, also Frittatens­uppe, aus Flädle, also Palatschin­ken, und vielleicht denkt jemand bei Flädle an eine andere Art von Fladen, aber dafür müsste man schon sehr weit ausholen und viel Französisc­h üben.

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