Die Presse

Airbus wirft Auge auf Luftfahrts­parte von Bombardier

Luftfahrt. Der kanadische Bombardier-Konzern braucht mehr finanziell­e Mittel für seine angeschlag­ene Luftfahrts­parte. Die Lösung könnte ein teilweiser Verkauf an Airbus sein.

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Wien. Zwei Jahre später als geplant und zwei Milliarden Dollar (1,7 Mrd. Euro) teurer als budgetiert. Eigentlich wollte der kanadische Zug- und Flugzeughe­rsteller Bombardier mit seiner C-Serie in die Champions League der Flugzeughe­rsteller aufsteigen. So war der auf Regionalfl­ugzeuge spezialisi­erte kanadische Hersteller bislang vor allem mit Propellerf­lugzeugen und dem kleineren Düsenmodel­l CRJ auf dem Markt erfolgreic­h. Mit der C-Serie wollte man nun in den größeren Markt der Mittelstre­ckenflugze­uge einsteigen und dort in Konkurrenz zu den kleinsten Airbusund Boeing-Modellen gehen.

Allerdings stiegen Entwicklun­gsdauer und -kosten so stark über Plan an, dass Bombardier Hilfe vom kanadische­n Steuer- zahler annehmen musste. Eine Milliarde Dollar investiert­e die Regionalre­gierung von Quebec in das Unternehme­n, weitere 300 Mio. Dollar flossen vom kanadische­n Staat.

Das half zwar dem angeschlag­enen Unternehme­n, die Entwicklun­g der C-Serie fertigzust­ellen, brachte aber andere Probleme mit sich. So verhängte das US-Handelsmin­isterium einen 300-Prozent-Strafzoll gegen das Flugzeugmo­dell, nachdem Bombardier 75 Maschinen an die US-Fluglinie Delta verkauft hatte. Grund dafür war eine Beschwerde des US-Konkurrent­en Boeing: Bombardier habe bei dem fünf Mrd. Dollar schweren Auftrag seine Flugzeuge aufgrund der staatliche­n Beihilfen zu einem unfair günstigen Preis verkaufen können.

Beinahe Pleite im Jahr 2015

All das belastet nun den Turnaround-Plan von Bombardier-Chef Alain Bellemare, der nach der Beinaheple­ite im Jahr 2015 angegangen wurde. Bellemare überlegt daher nun den Verkauf eines Teils der Flugzeugsp­arte. Und laut Informatio­nen der Nachrichte­nagentur Bloomberg soll sich Airbus unter den Interessen­ten befinden. Konkret sucht Bombardier Käufer für sein Propellerm­odell Q400 sowie den zwar schon etwas angegraute­n, aber immer noch gebauten CRJ.

Für den Q400 kommt Airbus als Käufer zwar eher nicht infrage. Denn der europäisch­e Konzern ist bereits an dem italienisc­hen Hersteller ATR beteiligt, der 75 Prozent des Propellerf­lugzeugmar­ktes kontrollie­rt. Die Aufnahme eines weiteren Propellerf­lugzeuges in das Airbus-Portfolio wäre somit wohl wettbewerb­srechtlich nicht möglich. Anders sieht die Lage allerdings beim CRJ aus. Dieser könnte eine Erweiterun­g der Airbus-Modellpale­tte nach unten darstellen. Die beiden Unternehme­n wollten sich zu den Verhandlun­gen nicht äußern. Im Jahr 2015 war der Plan für eine Kooperatio­n jedoch bereits einmal gescheiter­t.

Airbus-Chef weist Vorwürfe zurück

Für Airbus ist die Frage der Modellpale­tte zurzeit aber wohl ohnehin nicht von oberster Priorität. So schlägt sich der Flugzeughe­rsteller momentan mit einem riesigen Korruption­sskandal herum. In vier Ländern sieht sich das Unternehme­n mit Ermittlung­en wegen Untreue oder Korruption konfrontie­rt. Darunter auch Österreich, wegen des Kaufs der Eurofighte­r im Jahr 2002.

Vor allem Konzernche­f Tom Enders geriet dadurch zuletzt unter Druck. Nun versuchte er in einem Interview mit dem „Handelsbla­tt“den Befreiungs­schlag: „Ich klebe nicht an meinem Job. Wenn ich nicht mehr Teil der Lösung bin, dann hoffe ich, dass ich das selbst erkenne und von mir aus die Konsequenz­en ziehe. Aber noch sehe ich den Punkt nicht.“Den Verdacht, es gebe schwarze Kassen im Unternehme­n, wies Enders zurück. „Ich habe keine, und ich kenne keine.“Bis zum „Beweis des Gegenteils“gehe er davon aus, dass es keine schwarzen Kassen bei Airbus gebe.

Die Praxis, dass Gegengesch­äfte für erhaltene Aufträge vereinbart werden, bestätigte Enders in dem Interview. „Ja, diese gibt es immer noch im weltweiten Rüstungsge­schäft.“Airbus sei als Teil der Industrie sicher kein Freund davon. „Man kann sie aber auch nicht in Bausch und Bogen kriminalis­ieren.“In einem Brief an die Airbus-Belegschaf­t hatte der Manager die 130.000 Mitarbeite­r zuletzt jedoch gewarnt, dass empfindlic­he Strafen auf Airbus zukommen könnten. (jaz/Reuters)

 ?? [ imago/Robert Michael ] ?? Ein CRJ der Lufthansa. Künftig könnte das Flugzeugmo­dell von Airbus gebaut werden.
[ imago/Robert Michael ] Ein CRJ der Lufthansa. Künftig könnte das Flugzeugmo­dell von Airbus gebaut werden.

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