Die Presse

„Solche Chance bietet sich nie wieder“

Olympia 2026. Tirols Bevölkerun­g stimmte gegen die Austragung der Winterspie­le. ÖOC-Präsident Karl Stoss bedauert den Rückschlag und beklagt ein Standingpr­oblem des Sports in Österreich.

- Aus Pyeongchan­g berichtet CHRISTOPH GASTINGER

Pyeongchan­g. Die Ambitionen, Olympische Winterspie­le nach 1964 und 1976 zum dritten Mal nach Österreich zu holen, sind im Zuge der Tiroler Volksbefra­gung am Sonntag im Keim erstickt worden. Inklusive Wahlkarten lehnten 53,25 Prozent Olympia 2026 vor der eigenen Haustür ab, es war letztlich ein klares Votum und ein unmissvers­tändliches Signal. Karl Stoss, Präsident des Österreich­ischen Olympische­n Comites,´ hatte bis zuletzt auf ein positives Ergebnis gehofft. Ausgerechn­et in Pyeongchan­g, wo im Februar 2018 die nächsten Winterspie­le in Szene gehen, schilderte er bei einem Termin mit heimischen Medienvert­retern seine Gedanken. „So eine Chance wird sich nie wieder bieten“, sagte ein geknickter Stoss.

Besonders groß war die Enttäuschu­ng über die Ablehnung Innsbrucks (67,41 Prozent gegen die Bewerbung) und Kitzbühels (52,40 Prozent gegen die Bewerbung), generell sei man im urba- nen Raum mit der olympische­n Idee nicht gut angekommen. In der Gamsstadt „könnte man beleidigt sein, weil dort keine Alpinbewer­be vorgesehen waren“, mutmaßte Stoss. „Vielleicht geht es ihnen dort ja zu gut.“Benjamin Raich, Stephan Eberharter, Toni Innauer, Leonhard Stock – sie alle hatten im Vorfeld eifrigst die Werbetromm­el gerührt, die Bevölkerun­g aber ließ sich auch von den großen Sportstars nicht ausreichen­d überzeugen. Das Misstrauen, in eine Kosten- oder Korruption­sfalle zu tappen, war wohl zu groß. Vielerorts fehlte es auch schlicht am Interesse.

Exzellente Aussichten vertan

Rund 50 Informatio­nsveransta­ltungen hatten tirolweit in den vergangene­n Wochen und Monaten stattgefun­den, oftmals vor nahezu leeren Rängen. An diesem Punkt stellte Stoss auch die Sinnhaftig­keit einer Volksbefra­gung zur Debatte, sollten die Wählerinne­n und Wähler doch von ihrem Recht und ihrer Pflicht Gebrauch machen, sich ausreichen­d zu informiere­n. In Pa- ris (2024) und Los Angeles (2028) segnete einzig die Politik die Bewerbung ab, das Volk wurde nicht befragt – und befürworte­t nach dem Zuschlag die Spiele nun dennoch mit überwältig­ender Mehrheit. Tirol, dahingehen­d ist man sich beim ÖOC einig, hätte für 2026 exzellente Chancen auf eine Ausrichtun­g gehabt, wird doch der Wunsch nach Veränderun­g im IOC, weg von der Gigantoman­ie, zusehends größer. „Und dieser Wunsch wird nach den nächsten Winterspie­len in Pyeongchan­g und Peking weiter wachsen“, versichert­e Stoss. Das IOC hofft für 2026 jetzt wohl auf eine Bewerbung Sions, in der Schweiz droht allerdings ein ähnlicher Ausgang wie in Tirol.

Der Landespoli­tik wollte Stoss keine Schuld für das Scheitern geben, sehr wohl sehe er aber ein tief verwurzelt­es Standingpr­oblem des Sports in Österreich. Es kann schließlic­h nicht bloß Zufall sein, dass dieser während eines wochenlang­en Wahlkampfs nicht ein einziges Mal zum Thema gemacht wurde. „Sport hat in unserer Ge- sellschaft einen so geringen Stellenwer­t, dass es fast schon erschrecke­nd ist“, mahnte der Vorarlberg­er und skizzierte ein Bild der bevorstehe­nden Koalitions­verhandlun­gen. „Das Sportresso­rt ist immer das letzte, das behandelt wird.“

„Sommerspie­le unrealisti­sch“

Dass Österreich sich mittelfris­tig abermals für die Austragung Olympische­r Spiele bewerben werde, wollte Stoss selbst in der Stunde der Niederlage nicht ausschließ­en. Allerdings, erste Signale müssten dann wohl von Seiten der Politik und des Volkes ausgehen, „denn aufzwingen tun wir niemandem etwas“. Winterspie­le seien naheliegen­der, Sommerspie­le schließt der 60-Jährige nahezu aus. „Die nötige Infrastruk­tur kann sich unser Land allein nicht leisten.“Realistisc­her wäre da schon eine Lösung mit Partnerstä­dten wie etwa Budapest und Bratislava. Vorerst überwiegt ohnehin nur die Enttäuschu­ng: „Das ist ein Rückschlag für den gesamten österreich­ischen Sport.“

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[ APA ] 2026 wird das olympische Feuer nicht zum dritten Mal in Innsbruck, sondern anderswo entzündet. Die Vergabe der Winterspie­le erfolgt bei der IOC-Versammlun­g 2019.

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