Die Presse

In Österreich verliert Geld schneller an Wert

Inflation. Die Preise steigen in Österreich viel stärker als im EU-Schnitt. Der tägliche Einkauf wurde um über fünf Prozent teurer. Wer sein Geld bei den heutigen Nullzinsen anlegt, ist in fünf Jahren mehr als ein Zehntel seines Vermögens los.

- MITTWOCH, 18. OKTOBER 2017 VON MATTHIAS AUER

Wien. Die gute Nachricht zuerst: Wer sich im September mit PC-Spielen auf CD-ROM eindecken wollte, musste dafür um 27,6 Prozent weniger ausgeben als im Vorjahr. Auch Eier waren zuletzt deutlich billiger zu haben. Dumm nur, dass kaum noch jemand Verwendung für CD-ROM hat. Und auch die geldsparen­de Eierdiät wird zum Rohrkrepie­rer, sobald das erste Butterbrot zum weichen Ei gewünscht ist. Ein Viertel Butter kostet heute fast um die Hälfte mehr im Vorjahr.

Die jüngsten Inflations­zahlen der Statistik Austria belegen: Das Leben in Österreich wird zunehmend kostspieli­ger. Die offizielle Inflations­rate im September betrug nach nationaler Berechnung 2,4 Prozent (nach europäisch­er Berechnung waren es 2,6 Prozent).

Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Sieht man sich an, was die Österreich­erinnen und Österreich­er beim täglichen Einkauf ausgeben, liegt die sogenannte gefühlte Inflation noch deutlich höher: Der Mikrowaren­korb, der neben Nahrungsmi­tteln etwa auch Kaffeehaus­besuche beinhaltet, verteu- erte sich im September um 5,3 Prozent. Ähnlich stark zogen die Preise für weitere Basics wie Mieten, Treibstoff­e oder Zigaretten an.

Aber schon die offizielle Inflations­rate von 2,4 Prozent hat weit drastische­re Auswirkung­en als nur höhere Tankrechnu­ngen. Die Kombinatio­n aus Nullzinsen und steigender Inflation ist Gift für all jene, die ihre Ersparniss­e auf Sparbücher­n oder Tagesgeldk­onten geparkt haben. Bei einer Inflation von 2,4 Prozent ist jeder zinslos angelegte Euro nach zwölf Monaten nicht einmal 98 Cent wert. Nach fünf Jahren hat die Inflation ein gutes Zehntel (11,5 Prozent) des Vermögens weggefress­en.

Kein Ende der Nullzinsen in Sicht

Anders als in den USA ist in Europa dennoch keine baldige Zinswende in Sicht. Obwohl die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) Monat für Monat 60 Milliarden Euro für Staats- und Firmenanle­ihen ausgibt, schafft sie es nicht, die Inflations­rate im Euroraum auf die Zielgröße von etwa zwei Prozent zu heben. Im September lag die Inflations­rate EU-weit unveränder­t bei 1,8, im Euroraum bei 1,5 Prozent. Obwohl etliche Staaten bereits deutlich über der Zwei-Prozent-Marke liegen (siehe Grafik), behält EZB-Chef Mario Draghi vorrangig die Sorgenkind­er im Süden im Blick. Griechenla­nd dümpelt mit einem Prozent Inflations­rate am unteren Ende der Euroländer herum. Auch der hoch verschulde­te Wackelkand­idat Italien wird bei 1,3 Prozent Inflation noch lange Nullzinsen einfordern.

Beim nächsten EZB-Treffen Ende Oktober dürften die Ratsmitgli­eder daher beschließe­n, das Anleihen-Kaufprogra­mm auch nächstes Jahr fortzuführ­en – wenn auch mit geringerem Volumen. Die niedrigen Zinsen werden uns also noch eine ganze Weile begleiten – und mit ihnen auch die steigenden Preise.

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