Sexuelle Übergriffe gemeldet
EU-Parlament. Europaabgeordnete werden reihenweise der sexuellen Belästigung beschuldigt. 87 Frauen und Männer meldeten sich bereits.
Brüssel/Straßburg. In den vergangenen Tagen sind immer mehr Berichte über sexuelle Belästigungen im Europaparlament aufgetaucht. Wie das Nachrichtenportal „Politico“meldete, hätten sich bereits 87 Frauen und Männer an ein Internetportal mit solchen Anschuldigungen gewandt. Den Abgeordneten wird vorgeworfen, dass sie unter anderem EU-Arbeitsverträge als Gegenleistung für Sex angeboten hätten.
EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sprach von schockierenden Anschuldigungen und kündigte Beratungen im Präsidium des Abgeordnetenhauses an. Am heutigen Mittwoch soll das Thema auch im Plenum des Parlaments diskutiert werden. Es wird erwartet, dass Untersuchungen eingeleitet werden. Die Betroffenen hatten sich an die Plattform „|MeToo“gewandt, in der nach dem Skandal um den Filmmogul Harvey Weinstein immer mehr Fälle von sexuellen Übergriffen gemeldet werden.
Ein Sprecher des Europaparlaments betonte, dass allerdings dem zuständigen Beschwerdeausschuss des Abgeordnetenhauses noch keine Fälle genannt wurden. Auch fehlen bei den meisten Anschuldigungen die Namen der Abgeordneten. Namentlich angeführt wurde in Medienberichten vorerst nur ein 71-jähriger französischer EU-Abge- ordneter der Grünen. Die Anschuldigungen sind hingegen oft sehr konkret. Die Übergriffe reichten von unsittlichen Textnachrichten über körperliches Bedrängen bis hin zu einem Fall, der von der britischen Zeitung „Sunday Times“aufgegriffen wurde. Dabei soll ein Parlamentarier vor einer jungen Assistentin masturbiert haben. Auch seien junge Mitarbeiterinnen zu Abendessen oder in Bars geschickt worden, um mit sexuellen Gefälligkeiten ein Entgegenkommen anderer Abgeordneter bei Gesetzestexten zu erwirken. Ein Mitarbeiter des EU-Parlaments hatte erzählt, von Abgeordneten aufgefordert worden zu sein, ihnen Prostituierte zu besorgen, schreibt „Politico“.
„Jeder Fall muss untersucht werden“
Sozialdemokratische und grüne Abgeordnete fordern genaue – möglichst externe – Untersuchungen der einzelnen Fällen. „Jeder Fall von sexueller Belästigung muss untersucht werden“, so Monika Vana von den Grünen. Ob auch österreichische EU-Abgeordnete von den Beschuldigungen betroffen sind, war bis am Dienstagnachmittag nicht bekannt. Beschuldigt wurden mindestens zwei deutsche Europaabgeordnete. Einer von ihnen wurde sogar als „führend“bezeichnet. (ag.)