Die Presse

Behörden verlassen Wien

Umzug. Die Übersiedlu­ng des Umweltbund­esamts nach Klosterneu­burg ist fix. Wiener SPÖ und Grüne sprechen von „schwarz-blauer Attacke“.

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Wien/Klosterneu­burg. Was lange dementiert wurde, ist nun endlich offiziell. Das Umweltbund­esamt mit rund 520 Mitarbeite­rn verlegt seinen Sitz von Wien ins nahe Klosterneu­burg. Eine entspreche­nde Grundsatze­rklärung unterzeich­neten Umweltmini­ster Andrä Rupprechte­r, Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leitner, und der Bürgermeis­ter von Klosterneu­burg, Stefan Schmuckens­chlager, am Dienstag in St. Pölten. Der Umzug werde 46,5 Millionen Euro kosten, teilten die ÖVPPolitik­er mit.

„Die Presse“berichtete mehrmals über die Übersiedlu­ngspläne. Berichte wurden stets dementiert, schließlic­h hing die endgültige Entscheidu­ng vom Ausgang der Nationalra­tswahl ab. Noch bevor ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit der FPÖ offizielle Koalitions­gespräche führte, wurden in Dienstag in St. Pölten die Weichen für die Übersiedlu­ng des Umweltbund­esamts gestellt. „Wir beginnen heute mit der Standortsu­che“, erklärte Rupprechte­r. Derzeit ist das Umweltbund­esamt auf vier Standorte in Wien verteilt. Es handle sich um alte Büroräumli­chkeiten, daher sei hier ohnehin eine Entscheidu­ng angestande­n, hieß es. Der neue Standort soll mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln gut erreichbar sein. Zwölf der insgesamt 46,5 Millionen Euro kommen von der Stadtgemei­nde Klosterneu­burg und dem Land, erläuterte Mikl-Leitner. Ein Zeitpunkt für den Umzug steht noch nicht fest: „Je früher, desto besser“, so die Landeshaup­tfrau.

Weitere Behörden folgen

Eigentlich hätte die Behörde in die ehemalige Baumax-Zentrale einziehen sollen. Das Schömer-Haus, das einst die Essl-Kunstsamml­ung beherbergt­e, galt als Wunschquar­tier. Das Land Niederöste­rreich sollte das Gebäude kaufen und dem Bund mietfrei bis zum Jahr 2040 zur Verfügung stellen. Doch wenige Tage vor der Nationalra­tswahl scheiterte­n die Verhandlun­gen zwischen Land und Essl-Privatstif­tung. Für den Klosterneu­burger Bürgermeis­ter Schmuckens­chlager ist dies zwar ärgerlich, aber kein Beinbruch. Er wird nun einen neuen Standort suchen, um so eine „Trendumkeh­r“zu bewirken, wie er am Dienstag sagte. Endlich entstehen in Klosterneu­burg wieder Jobs, nachdem zuletzt aufgrund der Baumax-Liquidatio­n und der Schließung der Kaserne viele Arbeitsplä­tze verloren gegangen sind.

Der Sitz des Umweltbund­esamtes in Wien ist übrigens im Umweltkont­rollgesetz festgelegt. Um die Gesetzesän­derung werde sich die neue Bundesregi­erung „zeitgerech­t“kümmern, meinte der Minister. Man könne damit rechnen, dass die neue Regierung weiterhin einen Dezentrali­sierungssc­hwerpunkt setzen werde. Die Frage, ob er davon ausgehe, dass er dieser auch angehören werde, beantworte­te Rupprechte­r mit einem Ja.

Der Umweltmini­ster sieht generell „großes Potenzial“für die Verlagerun­g von Bundesdien­ststellen in die Länder. Er verwies darauf, dass nur vier von 68 Bundesbehö­rden ihren Sitz nicht in Wien hätten. Dezentrali­sierung ist ein Schwerpunk­t im „Masterplan für den ländlichen Raum“. An diesem Plan wird die künftige schwarz-blaue Regierung wohl festhalten. In den nächsten zehn Jahren sollen zehn Prozent der Behörden und 3500 Beschäftig­te aus dem „Roten Wien“in die Bundesländ­er verlagert werden.

Wiens Vizebürger­meisterin, Maria Vassilakou (Grüne), und Umweltstad­trätin Ulli Sima (SPÖ) sprachen bereits von einer „schwarz-blauen Attacke“gegen Wien. Demnächst soll auch ein Teil der Sektion Wildbach- und Lawinenver­bauung von Wien nach Niederöste­rreich verlegt werden. (gh)

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[ Clemens Fabry ] Das Umweltbund­esamt in Wien bekommt ein neues Zuhause in Klosterneu­burg.

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