Die Presse

Kein Klub für Österreich

Es gibt mehrere schwerwieg­ende Gründe, warum unser Land keine Mitgliedsc­haft in der Visegr´adgruppe anstreben sollte.

- VON ALBERT ROHAN Albert Rohan (geboren in Melk) studierte Rechtswiss­enschaften in Wien und hatte Spitzenpos­ten im österreich­ischen diplomatis­chen Dienst inne. Zuletzt war er Generalsek­retär des Außenamts. E-Mails an: debatte@diepresse.com

Der von FPÖ-Seite wiederholt geforderte Beitritt Österreich­s zur Visegrad-´ gruppe wäre angesichts fundamenta­ler Interessen­gegensätze in wichtigen Politikber­eichen weder sinnvoll noch wünschensw­ert. Alle Visegradlä­nder´ (Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn) gehören der Nato an und erachten diese als unverzicht­bare Säule des europäisch­en Sicherheit­ssystems. Für Österreich­s Zusammenar­beit mit dem Militärbün­dnis sind demgegenüb­er durch den Neutralitä­tsstatus enge Grenzen gesetzt.

Die Visegradst­aaten´ sind Verfechter der Atomenergi­e, während Österreich die Nutzung der Atomkraft seit der Zwentendor­f-Abstimmung geradezu missionari­sch bekämpft. In der EU werden die Visegradlä­nder´ als Nettoempfä­nger bei der Erstellung des nächsten Finanzrahm­ens naturgemäß eine gegensätzl­iche Position zum Nettozahle­r Österreich einnehmen. Auch fordern sie die volle Freizügigk­eit der Arbeitskrä­fte, einschließ­lich des uneingesch­ränkten Zugangs zu den Sozialleis­tungen der Gastländer, während die künftige Bundesregi­erung in dieser Frage auf die Bremse steigen dürfte.

Zu diesen und anderen Gegensätze­n kommt eine unterschie­dliche Haltung im Rahmen der EU. So weigert sich die Visegradgr­up-´ pe, den Beschluss des Europäisch­en Rats über die Umverteilu­ng von Flüchtling­en zu respektier­en und verhält sich auch sonst immer mehr wie eine interne EU-Opposition. Die europakrit­ische Rhetorik von Regierungs­seite hat in der öffentlich­en Meinung dieser Länder bereits Spuren hinterlass­en. In Tschechien ist die Zustimmung der Bevölkerun­g zur Integratio­n dank der EU-feindliche­n Agitation der Präsidente­n Vaclav´ Klaus und Milosˇ Zeman auf einem Tiefpunkt.

Kooperatio­n – so wie bisher

Mit Polen und Ungarn gehören Länder zur Visegradgr­uppe,´ in denen illiberale Regime eine national-populistis­che Politik verfolgen und grundlegen­de Errungensc­haften demokratis­cher Systeme wie Medienfrei­heit und die Unabhängig­keit der Gerichte einschränk­en. Österreich sollte diesem Klub nicht angehören.

Dies hindert Österreich jedoch keineswegs daran, mit seinen Nachbarn kooperativ­e Beziehunge­n zu unterhalte­n, sowie es schon bisher praktizier­t wurde. Die enge Zusammenar­beit in Sachfragen und die regionalen Kooperatio­nen, an denen Österreich beteiligt ist, wie die Zentraleur­opäische Initiative (18 Mitgliedsl­änder), das Austerlitz-Format (Österreich, Slowakei, Tschechien) oder die Zentraleur­opäische Verteidigu­ngskoopera­tion (Kroatien, Österreich, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Tschechien) unterstrei­chen diese Politik.

In der EU hat sich Österreich stets zu den proeuropäi­schen Staaten gezählt. Dies sollte im Einklang mit unserer Interessen­lage und der konstant gebliebene­n Unterstütz­ung der Integratio­n durch die österreich­ische Bevölkerun­g auch in Zukunft so bleiben. Dies umso mehr, als die vom französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron initiierte Reformdeba­tte die Chance bietet, die EU weiterzuen­twickeln und für die Bewältigun­g der globalen Herausford­erungen fit zu machen. Die Bundesregi­erung wäre gut beraten, sich in diesem Prozess aktiv und in konstrukti­ver Weise zu engagieren.

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