Das Wahlbrett vor dem Kopf sorgt eben für den Tunnelblick
Bisher vernimmt man kaum Schelte für die Rolle der Medien im Wahlkampf als willige Komplizen der Parteimanager.
Wie kann es sein, dass Sicherheit und Zuwanderung den Wahlkampf beherrschten? Wichtige Themen zwar, aber kein Grund, in den vielen TV-Debatten die zentralen Zukunftsthemen nur floskelhaft abzuhandeln: erdrückende Steuer- und Staatsquoten, ausbleibende Verwaltungsreformen, Bildung, Pensionen, etc. Gar nicht vor kamen mit Ausnahme des Islam die Religion, die Kultur, Unis und Wissenschaft und der Sport. Auch nicht der Natur- und Artenschutz, obwohl es fünf nach 12 ist, was unsere Chance betrifft, den nächsten Generationen ein Land zu hinterlassen, in dem neben Menschen, Kühen, jagdbarem Wild, Hunden, Katzen und Kopfläusen in nennenswertem Ausmaß auch noch Wildtiere leidlich intakte Lebensräume bevölkern. Selbst bei den Bundesgrünen herrschte dazu Funkstille. Einzig H.C. Strache sprach gelegentlich vom Naturschutz als eine Art Heimatschutz. Na ja.
Mails an wichtige Journalistinnen oder auch an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, mit der Bitte, sich doch vor den Wahlen des Zukunftsthemas Natur- und Artenschutz anzunehmen, blieben unbeantwortet. Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Dies bestätigt allerdings den Eindruck, manche Medien wären komplizenhaft den Wahlkampfmanagern in ihrer strategisch-selektiven Themenverengung zur Seite gestanden. Vor allem der Boulevard hämmerte das Flüchtlings- und Sicherheitsthema.
Angst ist eben gut fürs Geschäft. Was dem aktuellen „Rechtsruck“Vorschub leistete, vor dem man sich allerdings angesichts von mehr als einem Jahrzehnt lähmender Blockaden nicht allzu sehr fürchten sollte. Es kann eigentlich nur besser werden.
Mit meiner Medienskepsis bin ich nicht allein. So staunte ich nicht schlecht, als nach der Bundestagswahl in der Berliner „Elefantenrunde“am 24. 9. Spitzenvertreter von CSU, SPD, FDP und Grünen in trauter Eintracht die „Öffentlich-Rechtlichen“kritisierten, sie hätten mit ihren Randale-Berichten mitgeholfen, die AfD groß zu machen. Hierzulande vernimmt man bisher nur punktuell Schelte für die Rolle von ORF und Medien im Wahlkampf. W arum ein mit der Sicherheit vermengtes Ausländerthema Wählerstimmen bringt? Den Menschen ist die Skepsis gegenüber Fremden und generell, die Angstbereitschaft, tiefer als stammesgeschichtliches Erbe eingeschrieben, als etwa Nächstenund Menschenliebe. Sonst hätte es ja auch keines Jesus von Nazareth bedurft. Daher wirkt in Wahlkämpfen nichts besser als Angstmache. Denn seit evolutionären Urzeiten waren Angstreaktionen für das Überleben wichtiger, als etwa mit Gruppenfremden solidarisch zu fühlen und zu handeln. Angst und Abwehr ermächtigen sich daher von selber, das Glück dagegen müssen wir uns ständig erarbeiten. So funktioniert unser konservatives Gehirn leider immer noch, wenn man es denn lässt.
Dem mittels Bildungskonzepten vom Kindergarten weg zu begegnen, wäre das Gebot der Stunde. Angst vor „dem Fremden“zu schüren, vor dem Verlust von Heimat, oder die letzten Generationen von Einwanderern mit ihrer Konkurrenzangst gegenüber den Neuzuwanderern allein zu lassen, macht ebenso unfit für das Leben in unserem globalen Dorf, wie die blauäugigen Träumereien, es werde schon alles gut werden. Mehr zu den durchaus problematischen Gegebenheiten unseres evolutionären Geworden-Seins in zwei Wochen.