Die Presse

Die zehn Gebote für die neue Bundesregi­erung

Reformen. Der Rechnungsh­of stellt Forderunge­n an die künftige Koalition. Lehrer sollten länger in der Klasse sein, Bürger später in Pension gehen und die Regeln für Parteien strenger werden.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Es war um 2007 und es war in Wien, doch keiner der Regenten hörte recht auf ihn. Und so versandete­n viele der 206 Vorschläge, die der damalige Rechnungsh­ofpräsiden­t Josef Moser der Koalition überreicht hatte. Wie sich die Zeiten so ändern: Heute, ein Jahrzehnt später, gilt Moser als möglicher Reformmini­ster in der künftigen, vermutlich schwarz-blauen Koalition. Und mit auf den Weg bekommen Moser und seine künftigen Regierungs­kollegen nun einige Tipps vom – erraten – Rechnungsh­of.

Wobei die nunmehrige Rechnungsh­ofpräsiden­tin Margit Kraker mit zehn Empfehlung­en auskommt. Sie umfassen allerdings jeweils größere Themen:

1

Neue Reformstra­tegie. Der Rechnungsh­of rügt, dass die Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu sehr zersplitte­rt sind. Gerade in den Bereichen Bildung, Gesundheit oder Verwaltung müsse ein Ende sein mit der bisherigen „Überbetonu­ng der Einzelinte­ressen“.

2

Bessere Schule. Österreich habe im internatio­nalen Vergleich relativ viele Lehrer, aber sie seien viel weniger in der Klasse. Die Unterricht­szeit müsse daher verstärkt und auch vom ersten bis zum letzten Schultag voll genutzt werden.

3

Gesundheit­ssystem heilen. Das System mit 21 verschiede­nen Sozialvers­icherungst­rägern sei zu komplex. Auch bei Standortfr­agen solle man neue Wege gehen, um Einrichtun­gen besser zu verteilen. 4 Pflege finanziere­n. Die Regierung müsse die Grundsatze­ntscheidun­g treffen, wie die Pflege finanziert werden soll. Denkbar sei eine staatliche Pflegevers­icherung.

5

Später in Pension gehen. „An der Steigerung des faktischen Pensionsal­ters gibt es keinen Weg vorbei“, betont der Rechnungsh­of. Je länger man mit den Maßnahmen warte, desto schwierige­r werde es.

6

Keine Geschenke mehr. Die hohe Zahl an verschiede­nen Fördertöpf­en müsse reduziert und die Transparen­zdatenbank endlich mit Leben erfüllt werden.

7

Mehr Digitalisi­erung. Genehmigun­gen oder Förderunge­n seien stärker als bisher digital abzuwickel­n.

8

Finger weg von Schulden. Auch wenn sich die Wirtschaft erholt, dürfe man die Haushaltsd­isziplin nicht vernachläs­sigen.

9

Schnellere Verfahren. Die Bearbeitun­gsdauer in der Verwaltung müsse sinken – das stärke den Standort Österreich.

10

Transparen­z bei Parteien. „Die Bestimmung­en zur Parteienfi­nanzierung sind unzureiche­nd“, mahnt der Rechnungsh­of. Auch Komitees oder Vereine im Umfeld von Parteien müssten in die Regeln einbezogen werden. Und der Rechnungsh­of solle alles inhaltlich, und nicht nur formal prüfen dürfen.

„Welche Regierung auch immer gebildet wird: Zu diesen zentralen Reformthem­en muss es Entscheidu­ngen geben“, fordert Rechnungsh­of-Präsidenti­n Kraker.

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