Die Bawag stolpert in den Leitindex
Die Aktie der viertgrößten österreichischen Bank musste beim Debüt an der Wiener Börse Abschläge hinnehmen. Ab Freitag löst sie im Leitindex ATX den Industriekonzern RHI ab.
Wien. Die Bawag legte am Mittwoch mit 1,93 Milliarden Euro den größte Börsengang hin, den der Wiener Finanzplatz je erlebt hatte. Es war zugleich der größte im deutschsprachigen Raum seit 2000 und der drittgrößte in ganz Europa im laufenden Jahr. Trotz der Menge an Superlativen fiel die Bilanz des ersten Tags aber ernüchternd aus.
Die Aktien der viertgrößten österreichischen Bank eröffneten den Handel mit 47,40 Euro – bis zum Mittag desselben Tages sollte sie nicht mehr an ihren Ausgabepreis von 48 Euro herankommen. Kein guter erster Eindruck. Der Preis sei „etwas ambitioniert“festgesetzt worden, konstatierte Fondsmanager Alois Wögerbauer von der 3 Banken Generali Investment Gesellschaft. Das sei auch der Grund gewesen, wieso er selbst nicht zugegriffen habe.
Die interessierte Öffentlichkeit bekam vom Börsegang der Bawag nur mittelbar etwas mit. Zwar läuteten Börsenchef Christoph Boschan und Bawag-Chef Anas Abuzaakouk am Mittwochmorgen traditionell die Börsenglocke, um die als Bawag Group AG notierte Gesellschaft auf dem Handelsparkett willkommen zu heißen. Jedoch wurden Börse- und Finanzjournalisten – weniger traditionell – nicht zu der Vorstellung eingeladen. Die Eigentümer hatte auch vornehm- lich institutionelle Käufer im Sinn, von denen einige ihre Papiere bereits in den ersten Stunden nach der Ausgabe wieder veräußerten.
Cerberus: Langsamer Abschied
Die amerikanischen Hauptaktionäre Cerberus und Golden Tree hatten den Wiener Finanzplatz gewählt, um mit dem Ausstieg aus der ehemaligen Gewerkschaftsbank zu beginnen. Sie hatten die Bank vor zehn Jahren für 3,2 Mrd. Euro gekauft und seitdem saniert. 39,9 Prozent der Aktien befinden sich künftig im Streubesitz – es sei denn, der Kurs stabilisiert sich nicht und die Platzierungsreserve von rund fünf Mio. Aktien wird zu seiner Stützung benötigt. Je nachdem, wie sich das Papier in den kommenden Wochen entwickelt, streichen die Altaktionäre rund um Cerberus am Ende zwischen 1,68 und 1,93 Mrd. Euro ein. Die Bawag selbst bekommt nichts.
Boschan ließ sich die gute Stimmung am Mittwoch nicht verderben: „Die direkte Aufnahme in den Leitindex bringt von Beginn an maximale Aufmerksamkeit für die Aktie.“Heute, Freitag, zieht das Bawag-Papier in den ATX ein. Es ersetzt dort unter den 20 Unternehmen die Papiere der RHI. Der Wiener Industriezulieferer wan- dert nach der Verschmelzung mit der brasilianischen Magnesita an die Londoner Börse ab. Die Wiener Börse legt aber Wert auf die Feststellung, dass RHI Magnesita neben zahlreichen anderen ausländischen Papieren künftig im GlobalMarket-Segment zu haben ist.
Die Bawag wird insgesamt zum Ausgabepreis mit 4,8 Mrd. Euro bewertet. Cerberus und Co. hatten das 130 Jahre alte Institut, das seine Wurzeln in der gewerkschaftsnahen Bank für Arbeit und Wirtschaft und in der Postsparkasse PSK hat, seit der Übernahme auf Rendite getrimmt. „Die Kennzahlen der Bawag sind gut, das ist völlig unstrittig“, so Wögerbauer. Aber ein neuer Aktionär schaue auf die zukünftige Ertragserwartung. Und da sei es fraglich, „ob auch in Zukunft von diesem Niveau noch Gewinnsteigerungen möglich sind“.
Übermacht der Finanzwerte
Der Einstieg der Bawag in den Leitindex ATX lässt das Übergewicht der vertretenen Finanztitel weiter wachsen. Bisher haben Erste Group, Raiffeisen Bank International und die Versicherer Uniqa und Vienna Insurance Group gemeinsam fast ein Drittel des Indexgewichts ausgemacht. Die Bawag allein kommt ab heute, Freitag, auf gut vier Prozent. (ag./red.)