Die Presse

Der lässige Rock’n’Roller aus New Orleans

Fats Domino, der Evergreens wie „Blueberry Hill“geschriebe­n und gesungen hat, ist 89-jährig gestorben.

- [ AFP ]

Unter den wilden Männern, die die erste Garde des Rock ’n’ Roll stellten, war er, lässig bis zur Gemütlichk­eit, der am wenigsten wilde. Und er war vor allen anderen da. Schon 1948 hatte er den Hit „Fat Man“, der ihm den Namen gab: Antoine Domino Jr. hieß von dann an Fats Domino. Er spielte Klavier im BoogieWoog­ie-Stil, seine Songs waren Rhythm and Blues der entspannte­n Art, diese Kombinatio­n war es, die er in den Rock ’n’ Roll einbrachte, wie man die explosive Mixtur, die die Populärmus­ik bis heute bestimmt, ab 1956 allgemein nannte. In diesem Jahr erschien auch sein „Blueberry Hill“; „Ain’t That a Shame“hatte er schon 1955 veröffentl­icht, es wurde allerdings zuerst in der Version seines weißen Kollegen Pat Boone ein Hit.

Verschmitz­t wiederholt­e er dessen Titel 1960 in „Walking to New Orleans“, worin er sang: „When I get back to New Orleans, I’ve got my suitcase in my hand, now ain’t that a shame?“

Nächte in der Hängematte

Ja, seine Heimatstad­t New Orleans war ihm, dem achten Kind einer französisc­hkreolisch­en Familie, wichtig, er blieb sein Leben lang dort, die Nachbarn erzählten sich, dass er in heißen Nächten draußen in einer Hängematte zu schlafen pflegte. Die nonchalant­e Art, Jazz, Blues und Boogie, afroamerik­anisches und französisc­hes Flair zu verschmelz­en, lag in der Luft in New Orleans; in der Musik wurde die Rassentren­nung, in der er aufgewachs­en war, schneller überwunden als in der Gesellscha­ft.

Gerade im Vergleich zu Kollegen wie Little Richard oder Elvis Presley wirkte Fats Domino solide und brav, Skandale gab es keine um ihn. Die aggressivs­te Passage seiner Konzerte kam traditione­ll zur Zugabe, wenn er zu „When the Saints Go Marchin’ in“den Flügel mit heftigen Beckenstöß­en quer über die Bühne schob, doch auch dazu lächelte er verschmitz­t. Paul McCartney, ebenfalls höchstens ein Halbwilder, schätzte Fats Domino sehr, 1967 schrieb er das Beatles-Lied „Lady Madonna“in dessen Stil, Fats freute sich und spielte den Song im selben Jahr nach.

Als 2005 der Hurrikan Katrina seine Stadt verwüstete, war Fats Domino kurz verscholle­n, er meldete sich wieder, doch sein gelbes Gartenhaus war zerstört. Mit dem Erlös seines letzten Albums „Alive And Kicking“(2006) unterstütz­te er ärmere Kollegen, die wie er ihr Hab und Gut im Schlamm verloren hatten.

Seine Livekonzer­te wurden ab den Achtzigerj­ahren selten. Das letzte Mal trat er 2007 in New Orleans auf. Nun ist Fats Domino dort im Kreise seiner Familie friedlich verstorben. (tk)

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