Hommage an Schlee: Tiefgang, Augenzwinkern
Im Musikverein: Lyrik und Musik als Hommage zum Sechziger des Komponisten und Organisten.
„Man kennt mich in Graz / Und man liest mich in Linz / In Steyr bin ich Star / Und in Melk bin ich Prinz / Man hebt mich in Wels auf den Dichterthron – / Nur in Wien bin ich eine Unperson“, so stellt ein in der Hauptstadt verkanntes lyrisches Ich bei Robert Gernhardt fest. Komponisten tun oft gut daran, ihre verletzliche Seele mit Selbstironie zu imprägnieren. Zur hohen Schule des Augenzwinkerns zählt es bereits, die „Unperson“gleich im Programm eines Geburtstagskonzerts auftauchen zu lassen. Wenn dabei freilich Lyrik und Musik verschiedener Schattierungen so beziehungsreich aufeinander verweisen wie diesmal, kann Jubilar Thomas Daniel Schlee nicht unbeteiligt an der Werkauswahl gewesen sein: Dem Komponisten, Organisten und Musikwissenschaftler war zu seinem Sechziger eine Hommage im Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins gewidmet, bestritten vom Merlin Ensemble und Peter Matic´ als Rezitator.
Schlee hat als Intendant des Carinthischen Sommers gezeigt, wie schön der Dreiklang aus Beliebtem, Rarem und Außergewöhnlichem klingen kann. Die von Christine Lavant beschworene „stille Demut“schien sich in der andächtigen Freude von Schlees „Jubilus“für Klaviertrio op. 35a widerzuspiegeln; die Litanei tiefgründiger Paradoxien, wie sie Paul Celan eingangs in „Gegenlicht“anstimmt, hat ihre Auflösung im gloriosen, gleißenden Höhepunkt von Olivier Messiaens „Th`eme et variations“für Violine und Klavier gefunden; in Lavants Mondschein schimmerte Schlees „Silberne Schnur“: Der Ton As als Strang, an den sich alle Gestalten knüpfen, bevor sie in einer Arabeske ausfransen. Ein Symbol auch für die Verbindung mit Größen wie Messiaen und Jean Langlais.
Gernhardts Geschichte vom „wirklich guten Mann“und der „wirklich schönen Frau“, die Matic´ genüsslich vorgetragen hat, hat Schlee schon im Liederzyklus „Körper in Cafes“´ vertont. Diesmal umkreiste er ihr Thema mit der Suite für Violine und Klavier op. 82: Teils quasi szenisch, teils in bildhaft-ausdrucksvoller Musik erzählt das Stück von Begegnungen, vom äußeren Finden und letztlich inneren Verfehlen – aber mit einem Lächeln. Schubert gab den Rahmen. Das Notturno als besinnlicher Auftakt, das Trio D 898 als Abschluss: Herzliche Begeisterung.