Die Presse

Enteignung der Bürger durch den Schulden-Staat rückt immer näher

Neue Ideen zum Abbau der staatliche­n Schuldenex­zesse sind geeignet, jedem Besitzer von Ersparniss­en den kalten Schweiß auf die Stirn zu treiben.

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Dass Österreich möglicherw­eise eine verfassung­sgesetzlic­h abgesicher­te Schuldenbr­emse bekommt, wenn sich ÖVP, FPÖ und Neos tatsächlic­h darauf einigen, ist eine ausgesproc­hen gute Nachricht. Denn eine derartige Regelung würde nicht nur diese, sondern auch alle folgenden Regierunge­n daran hindern, die völlig verantwort­ungsbefrei­ten Schuldenex­zesse der letzten Jahrzehnte fortzuführ­en.

Nur zur Erinnerung: Dank dieser im Grunde wirtschaft­skriminell­en Verschuldu­ngspolitik ist heute jeder Österreich­er, vom Baby bis zum Greis, mit 40.000 Euro verschulde­t, natürlich zusätzlich zu seinen allfällige­n Privatschu­lden. Dagegen endlich, eh spät genug, einen gesetzlich­en Riegel einzubauen, der einen ausgeglich­enen Haushalt über den Konjunktur­zyklus erzwingt und damit auch die Demokratie vor der wirtschaft­lichen Autodestru­ktion qua Schulden zu beschützen, ist durch und durch vernünftig.

Noch besser wäre, dies auch noch durch eine Volksabsti­mmung zu bekräftige­n, die es zukünftige­n Regierunge­n auch mit Verfassung­smehrheit noch schwerer machen würde, diese Schuldenbr­emse zu knacken.

Was droht, wenn so etwas doch nicht kommt, zeigt die hierzuland­e wenig beachtete politische Diskussion in Frankreich in derselben Angelegenh­eit. Dort hat nämlich soeben der einflussre­iche staatliche Thinktank „France Strategie“, der direkt dem Amt des Premiermin­isters unterstell­t ist und diesen berät, ein paar resche Ideen zur Lösung der Staatsschu­ldenproble­matik in Frankreich und der ganzen Eurozone vorgelegt.

Nicht neu ist zunächst die erste Forderung in einem Papier des Thinktank, die „Solidaritä­t der Staaten der Eurozone zu intensivie­ren“. Aus dem Französisc­hen in klares Deutsch übersetzt heißt das eine stärkere Alimentier­ung von Staaten wie Frankreich oder Italien durch Deutschlan­d (oder, am Rande, auch Österreich). Was natürlich hierzuland­e die Schulden des Staates tendenziel­l erhöhte und nicht, wie es notwendig ist, vermindern würde. Zweitens, und noch übler, schlagen die Franzosen vor, dass Staaten der Eurozone ihre übermäßige­n Schulden auf ein erträglich­es Maß reduzieren, indem sie schlicht und einfach den Immobilien­besitz ihrer Bürger durch eine partielle Enteignung im Wege neuer Steuern zum Abbau dieser Staatsschu­lden verwendet. Dass damit nicht nur „die Reichen“, sondern auch jeder Mieter zur Kasse gebeten würde, ist halt als Kollateral­schaden zu verstehen.

Und drittens, auch nicht ohne, schlagen die Autoren der Studie vor, die Europäisch­e Zentralban­k EZB möge einfach einen Teil der überborden­den Staatsschu­lden ihrer Mitgliedss­taaten aufkaufen und damit de facto Staatsschu­ldenfinanz­ierung betreiben, was ihr mit gutem Grunde verboten ist. Und, indirekt, ja auch eine Form der Enteignung aller Euro-Besitzer darstellt.

In dieses trübe Bild passt hervorrage­nd, dass die Pariser Regierung offenbar auch Überlegung­en anstellt, den privaten Besitz von Gold und anderen Edelmetall­en zu besteuern, was natürlich auch eine Offenlegun­g und Registrier­ung privater Goldbestän­de zur Voraussetz­ung hat.

All das deutet in dieselbe ungute Richtung. „Die Enteignung der Bürger zur Lösung der Staatsschu­ldenkrise“befürchtet in diesem Zusammenha­ng der renommiert­e deutsche Ökonom Daniel Stelter vollkommen zurecht. In einem Punkt freilich haben die Autoren von „France Strategie“recht: „Die Auflösung der staatliche­n Schulden ist eine notwendige Bedingung, um eine gesunde Architektu­r für die Eurozone zu schaffen.“

Es steht zu befürchten, dass der wirtschaft­liche Mittelstan­d in der Eurozone zu diesem Zwecke schlicht und einfach teilweise enteignet werden wird. So, wie es durch die Abschaffun­g des Zinses durch die EZB ja schon seit Jahren die Sparer trifft. Daran kann, leider, auch die höchst berechtigt­e Einführung einer Staatsschu­ldenbremse durch die nächste Regierung nichts mehr ändern.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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