Die Presse

Wie man ein gestohlene­s Auto kauft

Gestohlene­s Auto. Mann kaufte über Internet-Plattform in Neapel einen BMW, der sich als gestohlen erwies. Das Auto gehört ihm, Österreich haftet wegen zu langer Beschlagna­hme.

- MONTAG, 30. OKTOBER 2017 VON BENEDIKT KOMMENDA

Ein Österreich­er kaufte in Italien sehr günstig einen BMW, der sich später als gestohlen erwies. Der Fall landete vor dem OGH.

Wien. Es war ein Schnäppche­n mit Hinderniss­en, das Thomas A. sich über das Internet besorgt hat: Auf einer deutschen Plattform hatte er im Jahr 2012 einen jungen gebrauchte­n BMW X6 entdeckt, der für 30.000 Euro zu haben war – nicht einmal die Hälfte des Betrags, mit dem die Preisliste für den Neuwagen in Österreich damals begonnen hatte. Wenn der Mann geahnt hätte, was nach dem Kauf noch auf ihn zukommen sollte: Er hätte vermutlich die Finger davon gelassen.

Dabei geht es nicht um die Abfuhr der Normverbra­uchsabgabe, die den Kauf schon einmal verteuerte, oder die Beschaffun­g der österreich­ischen Fahrzeugpa­piere. Denn darauf hatte der Mann sich ohnehin von vornherein eingestell­t. Die wahren Probleme begannen erst, als sich das dicke SUV als gestohlen herausstel­lte. Damit hat für A. ein jahrelange­r Kampf um sein Auto eingesetzt, der bis heute nicht beendet ist.

Verkäufer war nicht der Eigentümer

Sein Auto? Als österreich­ischer Jurist weiß man, dass ein gutgläubig­er Eigentumse­rwerb vom in Wahrheit nicht Berechtigt­en nur in Ausnahmsfä­llen möglich ist: nämlich in einer öffentlich­en Versteiger­ung, beim befugten Händler oder von einem Vertrauens­mann des Eigentümer­s als Verkäufer – immer vorausgese­tzt, dass der Käufer red- lich ist. Thomas A. hat zwar alles getan, was er als sorgfältig­er Käufer tun konnte: sich alle Papiere geben lassen, die Identität des Verkäufers mit dessen Personalau­sweis geprüft und die Nummer auf dem Kaufvertra­g vermerkt, eine Ausfolgebe­scheinigun­g des italienisc­hen Automobilc­lubs besorgt, mit der die „Echtheit“des Fahrzeugs bestätigt wurde. Aber: Von den drei Varianten des Gutglauben­serwerbs – Versteiger­ung, Händler, Vertrauens­mann – war keine Spur.

In dieser Situation kam ihm allerdings das – nach Internatio­nalem Privatrech­t – an- zuwendende italienisc­he Recht zugute, nach dem der Gutglauben­serwerb leichter möglich ist: Die Gutgläubig­keit des Käufers genügt dort, verbunden mit einem gültigen Kaufvertra­g und der faktischen Übergabe, erläutert Evelyn Gallmetzer vom Institut für italienisc­hes Recht der Universitä­t Innsbruck.

Es dauerte allerdings, bis Thomas A. davon profitiert­e. Als er das gerade erst erstandene und neu lackierte Auto in eine BMWWerksta­tt brachte, stellte man dort erstmals Ungereimth­eiten in der Fahrzeugdo­kumentatio­n fest. Die Polizei fand das Auto auf einer Fahndungsl­iste, das Fahrzeug wurde beschlagna­hmt, und die Staatsanwa­ltschaft ermittelte wegen Hehlerei. Obwohl sie das Verfahren nach wenigen Monaten einstellte, wollte sie die Beschlagna­hme nicht einfach aufheben, sondern das Auto sicherheit­shalber bei Gericht hinterlege­n.

Das wäre aber nur zulässig gewesen, wenn der Betroffene „offensicht­lich nicht berechtigt“gewesen wäre, was man von A. nicht behaupten konnte. Doch erst eineinhalb Jahre nach der Einstellun­g des Ermittlung­sverfahren­s bekam der von Rechtsanwa­lt Michael Brunner vertretene A. (wirklich) sein Auto ausgehändi­gt.

Staat muss für Akku und Reifen zahlen

Wegen der Kosten des Verfahrens rund um die Hinterlegu­ng, wegen der Ab- und Anmeldung des Autos und wegen Standschäd­en daran – unter anderem mussten der Akku und die Reifen erneuert werden – klagte A. die Republik. Wie nun der Oberste Gerichtsho­f bestätigte, beruhte die Verweigeru­ng der Herausgabe des Autos ab der Einstellun­g des Strafverfa­hrens auf einer unvertretb­aren Rechtsansi­cht: Der OGH (1 Ob 130/17z) fand nichts an der vorangegan­genen Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Graz auszusetze­n, wonach die Organe der Staatsanwa­ltschaft rechtswidr­ig und schuldhaft gehandelt hatten. Der Bund muss daher zumindest für die genannten Schäden aufkommen. Macht in Summe 6787,18 Euro.

Damit ist der Fall aber noch immer nicht abgeschlos­sen: Die Finanzprok­uratur lehnt es ab, darüber hinaus auch noch die von A. behauptete Wertminder­ung durch Alterung des BMW zu ersetzen. Darüber wird am 20. November in Graz verhandelt.

 ?? [ Feature: Fabry ] ?? Ein günstiges Auto aus dem Internet entpuppte sich als Schnäppche­n mit Hinderniss­en.
[ Feature: Fabry ] Ein günstiges Auto aus dem Internet entpuppte sich als Schnäppche­n mit Hinderniss­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria