Wenn Schwankung Rendite bringt
Anleihen. Einige Fondsmanager kaufen nicht nur Anleihen, sondern spekulieren auch auf fallende Kurse oder Wechselkursveränderungen. Das eröffnet Chancen im Tiefzinsumfeld.
Wien. Nun ist es also amtlich. In Europa wird die EZB das Anleihekaufprogramm ab Jänner 2018 senken, und zwar auf monatlich 30 Mrd. Euro. Das Dilemma für die Anleihemärkte: Damit fällt allmählich ein wichtiger Käufer weg, was die Kurse langfristig belasten dürfte. Wirklich heikel wird es wohl nach dem Ende der Geldflut. Bei Pictet Asset Management rechnet man nach dem Auslaufen des EZB-Kaufprogramms jedenfalls mit zunehmenden Kursschwankungen. „Und das behalten wir genau im Auge“, sagt SeniorClient-Portfoliomanagerin Patricia Schuetz.
In den USA hat der Zinsanhebungszyklus längst begonnen. „Bis zum Jahresende 2018 rechnen wir mit insgesamt vier weiteren Anhebungen“, verweist Mark Dowding, Co-Head für Investment-Grade-Anleihen bei Blue Bay Asset Management, auf die Einschätzung aus seinem Haus. Auch das sind für bestehende Rentenanleger wenig gute Nachrichten. Denn ihre Anleihen sind dann weniger wert als neue Papiere, die nach der Anhebung besser verzinst emittiert werden. Wobei, allzu kräftig dürften die Zinsen dort, aber auch in Europa, nicht ansteigen, schätzt Schuetz. Dazu seien die Staatsschulden schließlich zu hoch.
Womit auch schnell klar wird: Gerade in der globalen Rentenwelt sind flexible Strategien zunehmend gefragt. So gibt es mittlerweile Rentenfonds, die etwa auch auf fallende Anleihekurse oder Währungsschwankungen setzen. Genannt wird der Ansatz Absolute Return. Da sich damit ein breites Spektrum eröffnet, fällt die Umsetzung unter- schiedlich aus. Bei der US-Fondsgesellschaft GAM etwa sieht man die größten Chancen primär bei Investments, die auf fallende Anleihekurse setzen, sowie im Relative-ValueBereich. Hier wird auf die Veränderung einer Zinskurve zum Beispiel bei deutschen Bundesanleihen gesetzt.
Verständlich, wenn Sandro Mueller, Product Specialist Fixed Income für den GAM Multibond Absolute Return Bond Plus, meint, dass derartige Strategien „für traditionelle Anlagestile im Rentenbereich typischerweise nicht zugänglich sind“. Die Möglichkeiten, unabhängig vom vorherrschenden Marktumfeld positive und tief korrelierte Renditen zu erzielen, seien daher deutlich höher für Absolute-Return-Strategien als für traditionelle Ansätze, bei denen nur Anleihen gekauft würden.
Nicht alle Wetten gehen auf
Doch wie sehen konkrete Positionierungen in der Praxis aus? Im Pictet Absolute Return Fixed Income Fund investiert man etwa in US-Unternehmensanleihen, vor allem aus dem Bankensektor, sowie in US-Hochzinsanleihen. Auch andere Regionen locken mit Chancen. So wird etwa auf einen sinkenden südkoreanischen Won gesetzt. Da in China der Servicesektor gestärkt wird, lassen andere Länder wie Südkorea ihre Währungen abschwächen, um bei den Exporten wettbewerbsfähig zu bleiben.
Auch bei anderen Währungen aus den Schwellenländern rechnet man mit Rückgängen. Zugleich setzt der Pictet-Fonds aber auf ausgewählte Staatsanleihen aus den Emerging Markets, etwa aus Mexiko und China, allerdings nur bei jenen in Hartwährungen. Grund für die positive Einschätzung sind Schuetz zufolge die solideren Fundamentaldaten als noch vor zwei Jahrzehnten.
Ähnlich wird auch im GAM Multibond Absolute Return Bond Plus der Kauf von Emerging-Market-Bonds begründet. Derzeit setzt der Fonds auf steigende Kurse etwa bei Anleihen aus Ländern wie Brasilien, Südafrika und Mexiko, erklärt Mueller. Auf den westlichen Rentenmärkten rechne man hingegen mit fallenden Anleihekursen, vor allem in den USA, aber auch in England.
Ähnlich negativ fällt auch bei Blue Bay die Einschätzung für letzteres Land ein. Das begründet Dowding mit der steigenden Inflation, aber auch den politischen Unsicherheiten. Obendrein würden die Brexit-Sorgen auf dem Pfund lasten, weshalb der Fonds auf eine weitere Talfahrt setzt. Auch abseits von Staaten und Währungen werden Chancen genutzt. „Derzeit werden europäische gegenüber US-Unternehmensanleihen bevorzugt, besonders im Bereich der nachrangigen Bankanleihen.“Bei GAM habe man im Bereich der Unternehmensanleihen wiederum begonnen, „uns durch Zukauf von Kreditausfallversicherungen vermehrt defensiv zu positionieren“, erklärt Müller.
Damit wird klar: Absolute-Return-BondFunds holen durchaus zu einem breiten Rundumschlag aus, um zahlreiche Chancen zu nutzen. Dennoch sollten Anleger beachten, dass es sich auch um aktive Wetten auf unterschiedliche Entwicklungen handelt. Und diese müssen nicht immer aufgehen. Deshalb sollten interessierte Anleger hier nur einen Teil ihres Vermögens investieren.