Bologna-System für Jus-Studium geeignet
Expertenbericht hält Umstellung für möglich. Gewarnt wird aber vor einer zu langen Ausbildung für Juristen.
Wien. Während die meisten Studienrichtungen schon auf die Bologna-Struktur mit Bachelor und Master umgestellt haben, behielten die klassischen Jus-Fakultäten das traditionelle System bei. Ein Bericht internationaler Experten kommt nun aber zum Schluss, dass das BolognaSystem auch für die Jus-Studien in Österreich geeignet sei. Aber „nur unter der Voraussetzung von wesentlichen Anpassungen der Rahmenbedingungen“.
Der Österreichische Wissenschaftsrat hatte zur Klärung der Fragen dem Wissenschaftsministerium die Einsetzung der Expertengruppe vorgeschlagen. Sie bestand aus Leiter Walter Stoffel (Universität Fribourg), Tanja Domej (Zürich), Bernhard Ehrenzeller (St. Gallen) und Hildegard Schneider (Maastricht). Doch welche Schwierigkeiten gäbe es vor der Umstellung auf die Bologna-Architektur zu meistern? Ein Problem sei, dass sich die Ausbildungszeit für klassische juristische Berufe verlängern könnte, erklärt Walter Berka (Bild). Der emeritierte Jus-Professor der Universität Salzburg hat die Studie betreut und dem Wissenschaftsministerium über die Ergebnisse Bericht erstattet.
Dauert ein Jusstudium momentan mindestens vier Jahre bis zum Magister, würde der Weg zum Master in der Bolognastruktur fünf Jahre dauern. Einen Bachelor kann man schneller haben, aber mit diesem darf man keine klassischen juristischen Berufe ausüben. Und will man Anwalt, Richter oder Notar werden, wartet nach dem Studium erst recht noch eine mehrjährige Ausbildung. Eine Lösungsmöglichkeit könnte es sein, dass die Studiendauer künftig verstärkt auf juristische Ausbildungen angerechnet wird, sagt Berka zur „Presse“. Momentan werde etwa selbst ein Doktorat in der Anwaltsausbildung nur mit sechs Monaten angerechnet. Das gehe aber auf eine Zeit zurück, als das Doktoratsstudium ein Jahr dauerte, inzwischen seien es schon drei Jahre.
Berkas persönliche Meinung ist es, dass die Umstellung auf das Bologna-System sinnvoll sein kann. „Und wir hätten die Chance, Fehler anderer Studienrichtungen zu vermeiden“, sagt Berka. Etwa, dass es zu viele Einzelprüfungen gibt oder dass das Bachelorstudium zu spezialisiert ist. Auch ein Zulassungssystem kann sich Berka vorstellen, um die hohe Drop-outRate unter Jus-Studenten zu reduzieren.
Unis nicht zu Bologna zwingen
Der Vorteil des Bologna-Systems liegt darin, dass man nach dem Bachelor leichter in diverse Masterstudien wechseln kann. Die Jus-Fakultäten sollten aber nicht zur Umstellung gezwungen werden, macht die Expertengruppe klar. Dagegen spreche die Universitätsautonomie. Und dass „sonst die mit der Einführung des Bologna-Modells verbundenen Chancen für Reformen vertan würden“. (aich)