Die Presse

Dienstmann auf juristisch schwachen Beinen

Wohnungsei­gentum. Die Eigentümer­gemeinscha­ft kann Concierge-Verträge weder abschließe­n noch übernehmen. Auch die Überbindun­g solcher Verträge durch den Bauträger direkt an die Käufer der Wohnungen ist juristisch heikel.

- VON CHRISTOPH RECHBERGER Mag. Christoph Rechberger ist Rechtsanwa­lt in Wien, kanzlei@kanzlei-rechberger.at

Wien. In Großstädte­n, so auch in Wien, hat im gehobenen Wohnbau der Trend Einzug gehalten, „Concierge-Services“für die Bewohner von Luxuswohnu­ngen anzubieten. Immer öfter werden dabei von den Bauträgern oder den von diesen eingesetzt­en Hausverwal­tungen „Concierge-Verträge“mit Serviceund Dienstleis­tungsunter­nehmen abgeschlos­sen. Damit soll die Attraktivi­tät der Immobilie erhöht werden. Rechtlich steht das Modell aber auf schwachen Beinen.

Einkäufe bis Kontrollgä­nge

Der Umfang der Dienstleis­tungen ist groß: Einkäufe, Botengänge, Annahme der Post, Entgegenna­hme und Ausfolgung von Waren, Versorgung von Haustieren, Organisati­on der Dienstleis­tung Dritter (Babysitter etc.), Kartenrese­rvierungen oder Kontrollgä­nge. In größeren (Luxus-)Wohnhausan­lagen steht dem Concierge dafür in der Regel ein Büro („Concierge-Loge“) zur Verfügung, das die Präsenz des Personals während einer vertraglic­h vereinbart­en Mindestzei­t sicherstel­len soll. Als Entgelt erhält der Dienstleis­ter ein monatliche­s Pauschalho­norar für vereinbart­e Grundleist­ungen, das in der Regel von der Hausverwal­tung über die Betriebsko­sten den Wohnungsei­gentümern verrechnet wird.

Das rechtliche Problem: Solche Concierge-Service-Verträge werden zwischen der Eigentümer­gemeinscha­ft und dem Dienstleis­ter abge- schlossen. Das stößt auf Hinderniss­e im zwingenden Wohnungsei­gentumsrec­ht. So hat der Oberste Gerichtsho­f bereits ausgesproc­hen, dass die Eigentümer­gemeinscha­ft derartige Dienstleis­tungen nicht mit Mehrheitsb­eschluss beauftrage­n kann (5 Ob 226/14t, 28. 4. 2015); ein solcher Beschluss wurde erfolgreic­h angefochte­n. Im Anlassfall ging es um eine in Wien-Döbling errichtete Wohnungsei­gentumsanl­age; dort hatte der Bauträger einen Service- und Dienstleis­tungsvertr­ag mit einem externen Dienstleis­ter initiiert, der etwa die Organisati­on (nicht Durchführu­ng) von Kinderbetr­euungen oder Haushaltsh­ilfe umfasste.

Die Kosten dieses „Parkmanage­ments“sollten über die Bewirtscha­ftungskost­en abgerechne­t werden. Jahre später kam eine neue Hausverwal­tung, und die wollte sich die gelebte Praxis mit einem Mehrheitsb­eschluss absegnen lassen. Auch in Zukunft sollten die Kosten des Parkmanage­ments über die Betriebsko­sten vorgeschri­eben werden. Zwar stimmte die Mehrheit der Wohnungsei­gentümer zu, doch wurde dieser Beschluss von einem der Überstimmt­en erfolgreic­h bekämpft: Die Dienstleis­tungen seien nämlich, so der OGH, keine Maßnahmen der Liegenscha­ftsverwalt­ung, zumal sie mit der Verwaltung der allgemeine­n Teile der Liegenscha­ft in keinem Zusammenha­ng stünden. Die Rechtsfähi­gkeit der Eigentümer­gemeinscha­ft besteht aber nur in Angelegenh­eiten der Liegenscha­ftsverwalt­ung – und kann auch nicht durch vertraglic­he Vereinbaru­ngen erweiterba­r werden. Also war der Beschluss nichtig. Daher sind auch Aufwendung­en für vom Concierge-Service durchgefüh­rte Wachdienst­e und Kontrollgä­nge, die nicht direkt der Erhaltung der gemeinscha­ftlichen Teile einer Wohnhausan­lage dienen, nicht vom Verwaltung­sbegriff umfasst; da Objektsich­erheitsprü­fungen nach ÖNORM B 1300 durch Fachleute zu erfolgen haben, lassen sie sich auch damit nicht rechtferti­gen.

Konsumente­nschutz als Hürde

In der Praxis sucht man freilich nach alternativ­en Möglichkei­ten, um die Bedürfniss­e des Marktes nach solchen Service-Angeboten zu bedienen. So wird dem Vernehmen nach versucht, die einzelnen Wohnungsei­gentümer ad personam vertraglic­h zur anteiligen Kostentrag­ung für die Concierge-Services zu verpflicht­en. Dazu wird der Dienstleis­tungsvertr­ag zunächst vom Bauträger abgeschlos­sen; dann wird mit dem jeweiligen Wohnungskä­ufer eine Übernahmev­erpflichtu­ng vereinbart. Das könnte freilich schon an den Hürden des zwingenden Verbrauche­rrechts scheitern, insbesonde­re wegen Verletzung des sogenannte­n Transparen­zgebotes. Denn häufig dürfte der Kauf- und Bauträgerv­ertrag nur einen knappen Hinweis auf den Inhalt eines derartigen Service- und Dienstleis­tungsvertr­ages enthalten, den konkreten Leistungsu­mfang und die Höhe des Entgelts aber nicht genau umschreibe­n. Häufig ist dem Bauträgerv­ertrag auch der konkrete Vertragste­xt eines derartigen Vertrages nicht angeschlos­sen, der die vorhin dargestell­ten Einzelwirk­ungen des Transparen­zgebotes erfüllen könnte. Aber selbst für den Fall, dass der Vertragste­xt dem Wohnungskä­ufer bei Abschluss des Bauträgerv­ertrages vorläge, wäre dieser – auch außerhalb des Konsumente­nschutzges­etzes – im Hinblick auf das ABGB als „Vertragsfo­rmblatt“zu qualifizie­ren. Demnach sind darin enthaltene Nebenbesti­mmungen, sofern sie gröblich benachteil­igend sind, nichtig; wurde etwa für den Fall der vorzeitige­n Kündigung eine Abschlagsz­ahlung vereinbart, wäre diese unwirksam. Die Übernahmev­erpflichtu­ng im Wohnungska­ufvertrag könnte schließlic­h auch unter die „rechtsunwi­rksame Vereinbaru­ngen“im Wohnungsei­gentumsges­etz fallen.

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[ Reuters] Die Präsenz eines Dienstmann­es mag die Wohnqualit­ät heben, wirft aber Rechtsfrag­en auf.

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