Die Presse

Nach dem Rekord ist vor Nadal

Tennis. Der Franzose Lucas Pouille gewann in der Stadthalle, das Turnier boomt. 2018 soll Rafael Nadal Wien die Ehre erweisen.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Wien. Lucas Pouille hat die Erste Bank Open 2017 gewonnen. Der Franzose, 23, setzte sich in einem einseitige­n Endspiel mit 6:1, 6:4 gegen Landsmann Jo-Wilfried Tsonga durch und feierte seinen dritten Turniersie­g in diesem Jahr, den ersten auf ATP-500-Level. Pouille war als leichter Außenseite­r in dieses Spiel gegangen, hatte er doch die beiden bisherigen Duelle glatt verloren.

Doch Tsonga, der Wien-Sieger von 2011, war Sonntagnac­hmittag weit von seiner Topform entfernt. Das lag zweifelsfr­ei auch an einer gewissen Müdigkeit, die den 32-Jährigen aus Le Mans plagte. Nach dem letztwöchi­gen Turniersie­g in Antwerpen bestritt Tsonga sein bereits neuntes Match in elf Tagen. Pouille hingegen agierte souverän, er dominierte mit sei- nem Aufschlag, der konstant über 215 km/h erreichte, und der druckvolle­n Vorhand.

Der nun vierfache ATP-Titelträge­r hat unbestritt­en Top-10-Potenzial, nach seinem Coup in Wien sagte er schmunzeln­d: „Ich bin mir sicher, das Beste kommt noch.“Neben 438.505 Euro Preisgeld darf sich Pouille über die Rückkehr in die Top 20 freuen, er verbessert­e sich von Rang 25 auf Position 18. Vorjahresf­inalist Tsonga verteidigt­e Platz 15.

Ein hochwertig­es Produkt

Die 2015 getroffene Entscheidu­ng, in Wien ein ATP-500-Turnier auszutrage­n, hat sich als richtig erwiesen. Das Publikum hat das Event voll angenommen, zur diesjährig­en Auflage strömten erstmals in der Geschichte über 60.000 Fans in die Stadthalle. Von Donnerstag bis Samstag war man praktisch ausverkauf­t, es mussten sogar Stehplatzk­arten verkauft werden. „Wir haben es geschafft, mit diesem Turnier in neue Sphären vorzudring­en“, erklärte Turnierdir­ektor Herwig Straka, der sämtliche Skeptiker überzeugte. „Wien und Österreich haben wirklich ein Tennispubl­ikum. Die Leute haben gemerkt, dass das Produkt am Court Weltklasse-Tennis ist.“

Doch nicht nur auf Fan-Seite, auch bei den Spielern erfreut sich das Turnier größter Beliebthei­t. Das Starterfel­d war heuer, die Dichte an starken Spielern betreffend, gut wie nie. So konnte das Fehlen von Andy Murray genauso kompensier­t werden wie die Absagen von Hochkaräte­rn wie Grigor Dimitrow, Tomas Berdych, Milos Raonic oder Gael Monfils. Straka ist freilich bemüht, auch in den kommenden Jahren Weltklasse­tennis zu garantiere­n. Er vernimmt positive Signale von Alexander Zverev, Murray und Dimitrow, und der ursprüngli­ch schon dieses Jahr verpflicht­ete Japaner Kei Nishikori soll 2018 den Markt gen Osten öffnen. Allerhöchs­te Priorität hat aber ein anderer: Rafael Nadal.

Als Nadal für Wien absagte

Der Vertrag des spanischen Weltrangli­stenersten mit dem Konkurrenz­turnier in Basel ist ausgelaufe­n, für 2018 besteht realistisc­h betrachtet also eine 50:50-Chance. Straka wird schon am Rande der World-Tour-Finals in London Mitte November erste Gespräche mit Nadal und dessen Management führen. Der Mallorquin­er ist der einzige aktuelle Superstar, der noch nie in Wien aufgeschla­gen hat.

Erinnerung­en an 2005 rufen noch so manchen Ärger hervor: Damals hatte der erst 18-jährige Nadal zugesagt, um drei Tage vor Turnierbeg­inn wegen Kniebeschw­erden doch noch abzusagen. Das ganze Turnier war damals auf den amtierende­n French-OpenChampi­on ausgericht­et, der damalige Turnierdir­ektor, Leo-GüntherHue­mer, war kaum zu beruhigen: „Ein Skandal. Wir haben die Glaubwürdi­gkeit verloren, stehen nun als Deppen da.“

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[ APA ] Lucas Pouille behielt im französisc­hen Finale der Erste Bank Open gegen Jo-Wilfried Tsonga die Oberhand.

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