Die Presse

Ex-Kunstfälsc­her Beltracchi malt Luther im Cranach-Stil

Das Auftragswe­rk zeigt Luthers Mönchsgelü­bde während eines Gewitters.

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Lucas Cranach der Ältere hat von seinem Freund Martin Luther viele Porträts gemalt. Ein Bild davon, wie der künftige Reformator in einem Unwetter kniend gelobt, Mönch zu werden, gibt es aber von ihm nicht. Einer der „erfolgreic­hsten“Kunstfälsc­her der vergangene­n Jahrzehnte, der deutsche Maler Wolfgang Beltracchi, hat nun diese „Lücke“gefüllt, ganz in Cranachs Handschrif­t (bis hin zu den für den Maler typischen Rehen im Hintergrun­d).

Jahrelang hatte Beltracchi Bilder im Stil bekannter, vor allem neuerer Maler gemalt und dabei auch anerkannte Experten getäuscht. Nach fast vier Jahren in Haft ist er seit 2015 wieder frei. Mit dem Luther-Bild hat ihn der Unternehme­r und Kunstliebh­aber Christian Zott beauftragt. Das Bild gehört zu dem Projekt „Kairos. Der richtige Moment“. Beltracchi soll dabei wichtige Momente der Geschichte im Stil der jeweils passenden Künstler malen.

Im Juli 1505, so erzählte Luther später sein Erweckungs­erlebnis, sei er auf dem Heimweg von seinen Eltern in ein Gewitter geraten. Er sei auf die Knie gefallen und habe die Mutter Marias, die heilige Anna, um Hilfe angefleht und dabei gelobt: „Ich will Mönch werden.“Hätte Cranach diese Szene malen wollen, hätte Luther sie vermutlich abgelehnt – solche Bilder waren typisch für eben jenen Heiligenku­lt, den er bekämpfte. Porträts hingegen waren wichtig, um das Anliegen und den Kampf der Reformatio­n voranzutre­iben.

Die Cranach-Stiftung plant für nächstes Jahr eine Ausstellun­g, die sich mit historisch­en Kopien und Fälschunge­n sowie der Rezeption Cranachs auseinande­rsetzt. Dort soll auch Beltracchi­s Luther-Bild gezeigt werden. „Aus Sicht von Luther und Cranach stellt das jetzige Motiv keine Leerstelle dar“, sagt Projektini­tiator Zott. „Aus gegenwärti­ger Sicht, im Rückblick auf die Reformatio­n jedoch sehr wohl.“

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