Der Frust zum Weltspartag
Das, was man unter Sparen immer verstanden hat, ist ziemlich unattraktiv geworden. Warum nicht Alternativen ausprobieren?
Ersparnisse zu haben, ist etwas Feines. Damit ist man freier und flexibler, kann rasch unerwartete Ausgaben begleichen, sich etwas Schönes kaufen und vorsorgen. Doch nicht jeder ist in der Lage, zu sparen.
Fast jeder dritte Europäer hat aktuell überhaupt keine Ersparnisse – das zeigt eine Studie von ING International auf. In Österreich ist die Lage nur geringfügig besser: Hier sagt jeder Vierte, dass er über keine Ersparnisse verfüge. Von jenen, die angeben Ersparnisse zu haben, besitzt jeder Dritte lediglich das Äquivalent von maximal drei Monatsgehältern – und verfügt damit gerade einmal über den notwendigen Notgroschenbetrag.
Zweifelsohne spielen niedrige Einkommen eine große Rolle, wenn es um geringe Ersparnisse geht. Mangelnde Selbstkontrolle ist vergleichsweise selten der Grund dafür. Aber selbst wenn viele im Prinzip mehr sparen könnten, ist die Attraktivität nach einer langen Periode der Niedrigzinsen doch deutlich gesunken. Tatsächlich gab jeder zweite Österreicher bei unserer Untersuchung an, wegen der uninteressanten Zinsen weniger gespart zu haben. Stattdessen wurde verfügbares Geld lieber in Alltagsausgaben, höhere Lebensqualität oder alternative Geldanlagen gesteckt.
Nur jeder zweite reagiert
Ist es nicht erstaunlich, dass trotzdem nur jeder Zweite aktiv auf die Niedrigzinsen reagiert? Und das, obwohl sich die meisten verärgert und frustriert zeigen. Im Gegensatz zu den anderen untersuchten Ländern scheuen die Österreicher mehr als andere das Anlagerisiko. Ein erstes Umdenken könnte bereits im Gang sein, da die Fondsvolumina von Privatanlegern steigen. Genug Bewegung ist damit im Bereich der privaten Anlage aber noch lange nicht. Die Sparzinsen werden in nächster Zeit kaum steigen und dem traditionellen Sparer werden Frustration und Realverlust nicht erspart bleiben.
Der diesjährige Weltspartag ist deshalb vielleicht der merkwürdigste seit seiner Gründung im Jahr 1924. Denn das, was man unter Sparen immer verstanden hat, ist ziemlich unattraktiv geworden – vor allem, wenn man längerfristig denkt. Als Verhaltensökonomen lenken wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf die Gründe für bestimmte Finanzentscheidungen, sondern auch auf die Möglichkeiten, diese zu verändern.
Für enttäuschte Sparbuchsparer wie für risikoscheue Menschen, die den Frustzinsen entfliehen wollen, wäre die Methode der Zielvisualisierung hilfreich, um aus der derzeitigen Zinsen-runter-Spirale rauszukommen. Es müssen ja nicht gleich Riesenschritte sein. Ein sanfter Einstieg in alternative Veranlagungsformen mit kleineren Beträgen ist auch ein Anfang.
Natürlich: Für kurzfristige Veranlagung ist das nichts. Denn anhaltend niedrige Zinssätze bedeuten nun mal tatsächlichen Verlust von Geld. Wer etwas dagegen unternehmen möchte, sollte nun – untypischerweise anlässlich des Weltsparstages – die ausgelatschten Sparertrampelpfade verlassen.