Mission impossible für Babiˇs
Tschechien. Der Gewinner der Parlamentswahlen ist von Präsident Zeman mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Doch niemand will mit dem Chef der Protestbewegung ANO koalieren. Der Staatschef hält dagegen auch aus eigenem Interesse zu ihm.
Keiner will in Tschechien mit dem Gewinner der Parlamentswahlen koalieren.
Prag. „Andrej, auf dass es dir gelingen möge!“, schloss Präsident Milosˇ Zeman die gemeinsame Pressekonferenz auf Schloss Lany´ mit dem Chef der liberalen Bewegung ANO, dem Multimilliardär und Wahlgewinner der jüngsten Parlamentswahlen, Andrej Babis.ˇ Die Öffentlichkeit weiß nun zumindest, dass die beiden „starken Männer“des Landes mittlerweile beim Du gelandet sind. Sonst gibt es mehr Fragen als Antworten.
Sicher ist immerhin: Der Staatschef will den 63-jährigen Babis,ˇ der mit 20 Prozent Vorsprung den Urnengang gewonnen hat, unbedingt zum Ministerpräsidenten machen. Zum einen wegen dieses klaren Sieges. Zum anderen, weil Babisˇ „ein erfolgreicher Unternehmer ist, der seine Steuern in Tschechien bezahlt“. Drittens habe Babisˇ „eine starke und erfolgreiche politische Bewegung aufgebaut“. Viertens schließlich, so Zeman, sei Babisˇ ein „erfolgreicher Finanzminister gewesen, der erstmals für ein Plus im Staatshaushalt gesorgt“habe.
Grünes Licht für Minderheitsregierung
Diese Gründe seien ausreichend, um Babisˇ auch nicht die Bedingung zu stellen, ihm, Zeman, eine Regierung zur Ernennung zu präsentieren, die eine Mehrheit im Parlament sicher hat. Mit dieser Formulierung stellte sich Zeman offiziell hinter die Ansage Babis’,ˇ eine Minderheitsregierung bilden zu wollen, in der auch parteilose Experten Platz finden sollen.
Babisˇ versprach zudem, auch einzelne Ziele aller anderen Parteien in sein Regierungsprogramm aufzunehmen. Diese anderen Parteien im künftigen Parlament wollen mit Babisˇ jedoch bisher unter keinen Umständen koalieren, weil er unter dem Verdacht des Missbrauchs von EUSubventionen für eine seiner 250 Firmen steht.
Mit der angekündigten Übernahme von Teilen des Programms der anderen Parteien versucht Babis,ˇ diese Parteien wenigstens zu einer Duldung seines künftigen Kabinetts zu bewegen. Doch auch das zieht bisher nicht. Eventuell würden die alten Kommunisten Babisˇ still unterstützen, aber für einen sehr hohen Preis. Eine Mehrheit würden sie dem Wahlgewinner aber auch nicht bringen.
Die in den Wahlen arg gestutzte konservative TOP 09 ruft gar zur Obstruktion auf: Danach sollen die Gegner von Babisˇ die Wahl des neuen Parlamentspräsidenten torpedieren, weil dann die krachend abgewählte Regierung unter Führung der Sozialdemokraten weiter geschäftsführend im Amt bleiben müsse. Bevor die nicht zurücktreten kann, gibt es laut Verfassung auch keine neue Regierung in Prag.
Dass eine solche neue Regierung in Tschechien angesichts dieser komplizierten Gemengelage bis Weihnachten das Licht der Welt erblickt, gilt als nahezu ausgeschlossen. Das alles sieht für Babisˇ eher nach einer Mission impossible aus.
Mehrere Anläufe möglich
Babisˇ hat jedoch in seiner Suche nach Auswegen Fahrt aufgenommen. Zeman hat ihm zugesichert, dass er Babisˇ nach einem womöglich ersten gescheiterten Versuch, eine Mehrheit des Parlaments hinter sich zu bringen, erneut mit der Regierungsbildung beauftragen werde. Sollte es sogar einen dritten Anlauf brauchen, läge das Vorschlagsrecht beim Parlamentspräsidenten, den Babis’ˇ ANO stellen soll. Dass dessen Auftrag auch an Babisˇ ginge, ist sicher. Scheitert der Wahlgewinner dann auch noch, sind Neuwahlen unausweichlich. Und die würde Babisˇ quasi als Märtyrer sehr wahrscheinlich noch höher gewinnen. Das wissen auch seine Gegner, was deren Manöverraum eingrenzt.
Staatschef Zeman kann sich das alles geruhsam von außen ansehen. Wenn es für ihn perfekt läuft, dann gibt es auch im Jänner noch keine Regierung. Dann tritt er selbst als Präsident zur Wiederwahl an. Für die braucht er die Stimmen der Babis-ˇWähler. Sein Duzfreund Andrej wird dafür sorgen, dass er sie bekommt. Auch in Tschechien kennt man das Sprichwort: „Eine Hand wäscht die andere“.