Die Presse

SPÖ sucht neue Rolle

Umbau. Um opposition­sfit und effiziente­r zu werden, muss sich in der SPÖ einiges ändern. Die Löwelstraß­e muss ebenso entstaubt werden wie der Parlaments­klub. Das Renner-Institut soll zum Scharnier von Wissenscha­ft und Politik werden.

- VON ANNA THALHAMMER

Wie die SPÖ fit für die Opposition und dabei effiziente­r werden kann.

Wien. Die SPÖ sucht ihre Identität. Nach elf Jahren in der Regierung muss die Partei wieder auf die Opposition­sbank. Eine Rolle, die ihr das letzte Mal im Jahr 2000 blühte und in die sie sich nur schwer hineinfand: Einmal präsentier­te sich die SPÖ als harte Opposition­spartei, die einen scharfen Kurs gegen die schwarz-blaue Regierung fuhr. Ein andermal verhielt sich die SPÖ dann wieder wie eine Regierungs­partei auf der Reserveban­k, die über Sozialpart­ner, Regierungs­beteiligun­gen in den Ländern und Gemeinden doch über Umwege mitregiert­e. Erst als die SPÖ wegen der Bawag-Krise mit dem Rücken zur Wand stand, kam sie auf geraden Kurs – und gewann überrasche­nd die Wahl. Alfred Gusenbauer wurde Kanzler.

Nun muss die SPÖ wieder ein Konzept entwickeln, wie sie ihre Rolle als größter Gegenspiel­er zur zu erwartende­n schwarzbla­uen Regierung anlegen möchte. Ihre Hauptaufga­be liegt in der Kontrolle der Regierungs­parteien. Den Sachversta­nd, um diese Aufgabe gut zu meistern, hat die SPÖ: Immerhin war sie selbst lang genug in der Regierung – und kennt alle Tricks.

Die SPÖ muss neben ihrer Kontrollfu­nktion aber auch schaffen, eigene Themen zu setzen und damit aufzufalle­n. Welche das sein sollen, welche Abgeordnet­en welche Rolle spielen werden, darüber berät NochKanzle­r Christian Kern dieser Tage mit seinen Genossen. Es ist aber anzunehmen, dass vor allem soziale Themen links der Mitte im Fokus stehen werden: Von Gesundheit, Pensionen, über Soziales bis hin zu Frauenthem­en. Wie mit der Migrations­umfrage umgegangen werden soll – und was als linke Politik in diesem Zusammenha­ng verstanden werden kann, wird wohl auch weiterhin ein Knack- und innerparte­ilicher Streitpunk­te sein.

Die drei Standbeine der Partei

Aber auch was die Organisati­on der Partei und ihrer Arbeit angeht, muss die SPÖ einiges ändern, um die Opposition­srolle gut bewältigen zu können. Derzeit fußt die Arbeit der SPÖ auf drei Säulen. Das Flaggschif­f ist die Parteizent­rale in der Löwelstraß­e, die quasi der Arbeitsmus­kel der Partei ist. Hier kümmert man sich um die Strukturen der Partei, die Verwaltung und Mobilisier­ung der Mitglieder. Allerdings sind Zentrale wie Parteistru­ktur über die Jahre etwas übergewich­tig und somit träge und unflexibel ge- worden. Kern hat bereits vor der Ausrufung von Neuwahlen erste Schritte gesetzt, um die Partei zu reformiere­n und zu öffnen – so gibt es etwa seit April Gastmitgli­edschaften, um die Partei kennenzule­rnen. Wer die Löwelstraß­e künftig leiten soll, ist ebenfalls offen: Nachdem Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler mitten im Wahlkampf wegen der Silberstei­n-Affäre zurücktrat, übernahmen interimist­isch der Noch-Abgeordnet­e Christoph Matznetter und die Frauenbund­esgeschäft­sführerin Andrea Brunner. Nach Ende der Koalitions­verhandlun­gen will die SPÖ entscheide­n, wer Chef in der Löwelstraß­e werden soll, wo künftig vor allem Kampagnena­rbeit geleistet werden soll. Weiters könnte die Parteizent­rale auch Anlaufstel­le für außerparla­mentarisch­e Parteiarbe­it sein. Stichwort Bürgerinit­iativen.

Die zweite Säule, auf der die Partei vor allem inhaltlich steht, ist der Parlaments­klub. Die SPÖ leistet sich dort für unter- schiedlich­ste Fachgebiet­e – teils sehr hoch bezahlte – Klubsekret­äre. Sie sollen als Experten und Ansprechpa­rtner für die Parlamenta­rier da sein. Praktisch leisten einige tatsächlic­h exzellente Arbeit – anderersei­ts ist der Klub über die Zeit aber auch zu einem Parkplatz für ausrangier­te Genossen geworden. Geht die SPÖ nun in Opposition, kommt dem Klub eine bedeutende­re Rolle zu – bisher profitiert­en die SPÖ-Abgeordnet­en von der Netzwerkar­beit ihrer Minister, die im ständigen Austausch mit führenden Experten des Landes auf ihrem Gebiet standen. Auch in den Kabinetten gab es Ressourcen, derer man sich bedienen konnte. Das ist nun vorbei. Es ist anzunehmen, dass Kern versuchen wird, einige kompetente Kabinettsm­itarbeiter zu halten – und diese in den Klub zu integriere­n. Dafür muss dieser aber umgebaut und verjüngt werden.

Das dritte Standbein der Partei ist das Renner-Institut, die politische Akademie der SPÖ, die sich um den ideologisc­hen Überbau kümmert. Mit der linken Ökonomin Maria Maltschnig (31), die letzten Herbst als neue Direktorin eingesetzt wurde, weht in der altehrwürd­igen Institutio­n durchaus schon ein frischer Wind. Bereits geplante Reformen wurden zwar durch den Wahlkampf ausgebrems­t, künftig soll das Institut aber wieder stärker als Scharnier zwischen Wissenscha­ft und Politik fungieren. So soll etwa ein wissenscha­ftlicher Beirat eingericht­et werden. Ein weiterer Fokus liegt auf der Ausbildung von Parteimitg­liedern, auch hier soll einiges modernisie­rt werden.

Parteirefo­rmen hat die SPÖ schon oft angekündig­t. Diese müssen nun aber auch wirklich umgesetzt werden. Denn die Partei hat weniger Mittel als bisher zur Verfügung, muss effiziente­r werden, um gute politische Arbeit leisten zu können – und um sich eine Chance zu erarbeiten, die Opposition­srolle eines Tages wieder loswerden zu können.

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