Fed eröffnet bewegte Tage in den USA
USA. Die gestrige geldpolitische Entscheidung der US-Notenbank markierte nur den Beginn relevanter Ereignisse für die Finanzwelt. Das nächste Geheimnis dürfte schon heute gelüftet werden.
New York/Wien. Ihre Tage als Chefin der US-Notenbank Fed sind gezählt. Aber bevor US-Präsident Donald Trump voraussichtlich heute den Mann ernennt, der Janet Yellen im Februar 2018 ablösen wird, zog die weltweit mächtigste Notenbankerin gestern ein weiteres Mal die Aufmerksamkeit der Finanzwelt auf sich. Ihre konkrete Entscheidung hinsichtlich einer Leitzinserhöhung und ihre Aussagen standen zu Redaktionsschluss jedoch noch aus.
Gemeinhin gingen Experten nicht davon aus, dass Yellen die nächste Leitzinserhöhung – es wäre die dritte in diesem Jahr – schon jetzt vornehmen würde. Erwartet wurde vielmehr, dass sie weitere Signale für den Dezember geben würde. Schließlich galt es als ausgemachte Sache, dass die Fed den Weg für eine DezemberZinserhöhung bereiten und in großem Rahmen ankündigen würde. Für die Sitzung im Dezember wird auf dem Markt eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 97 Prozent angenommen.
Ereignisreiche Woche
Zuletzt hat die Fed den Leitzins im Juni um einen Viertelprozentpunkt auf die Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent gehoben. Es war der vierte Zinsschritt seit der Finanzkrise. Die Amerikaner sind damit der EU in Sachen Straffung der jahrelang ultralockeren Geldpolitik weit voraus. Beflügelt wurde die Fed in ihren Zinsschritten zuletzt von einer erstarkenden Wirtschaft – im dritten Quartal behielt sie ihr rasches Wachstumstempo bei und wuchs mit einer Jahresrate von drei Prozent – und von einer positiven Dynamik auf dem Arbeitsmarkt. Hauptsorge bleibt freilich die Inflation, die weiterhin unter dem Fed-Ziel von zwei Prozent zurückbleibt.
Aber unabhängig von der FedSitzung bleibt in den USA auch der Rest der Woche ereignisreich wie schon lang nicht. Schließlich steht für den Wochenschluss noch die Veröffentlichung des vielversprechenden Arbeitsmarktberichts für Oktober an. Überdies dürfte ein Ausschuss des Repräsentantenhauses einen Gesetzesentwurf für die Steuerreform vorstellen. Ja, und heute schon dürfte Trump Yellens Nachfolger präsentieren. Als Favorit gilt die geldpolitische Taube Jerome Powell.
Die Häufung der marktbewegenden Informationen hat Jeffrey Gundlach von Double Line Capital LP bereits von der „Stunde der Wahrheit“für die drei Jahrzehnte währende Hausse auf dem Anlei- hemarkt sprechen lassen. Das scheint vorerst übertrieben.
Auf dem Aktienmarkt jedenfalls herrschte gestern weltweit und auch in den USA gute Laune (siehe den nebenstehenden Börsenbericht).
Favorit Powell
Dafür könnte die voraussichtliche Ernennung Powells zum Fed-Chef immerhin ein Mitgrund sein. Der 64-jährige Fed-Direktor kommt aus dem Lager der Republikaner, ist aber auch für die Demokraten akzeptabel. Immerhin wurde er einst von Trumps Vorgänger, Barack Obama, ins Führungsgremium der Fed entsandt.
Die grundsätzliche Politik der US-Notenbank würde sich unter Powell wohl nur in Nuancen ändern. So trug er seit seiner Nominierung im Jahr 2012 den Kurs von Janet Yellen konsequent mit und stimmte bislang noch nie gegen eine ihrer Entscheidungen.
Im Unterschied zum Kompromisskandidaten Powell stünden bei einer Ernennung von John Taylor einschneidendere Veränderungen ins Haus. Taylor gilt als geldpolitischer Falke, was jedoch Trumps wirtschaftspolitischen Zielen nicht entgegenkommt.
Trumps heutige Entscheidung muss übrigens noch vom Senat abgesegnet werden. (red.)