Der schlaue Schelm aus Köpenick
Romano, Berliner Rapper mit hypermobiler Zunge, lobte in Wien das kleine Glück der Vorstadt.
Maskierte Mädchen, Burschen mit Goldhaarzopfperücken, ein Wesen in Burka: Alle drängte es am Halloween-Abend ins Gesichtsfeld von Romano, dem schlauen Schelm aus Köpenick. Dieser tänzelte in Bomberjacke auf die Bühne des Wiener Technoclubs Grelle Forelle – und stellte sich gleich vor: „Hereinspaziert, hier wird das Wort original neu definiert, die Kopie von der Kopie von der Kopie.“
Der Song heißt „Copyshop“, wie sein jüngst erschienenes zweites Album. Nach langem Herumirren zwischen Techno und Schlager, Rap und Metal hat Romano vor zwei Jahren mit „Jenseits von Köpenick“seinen Stil gefunden, geschult am Westcoast-Hip-Hop a` la Snoop Dogg. Gesellschaftskritik hat in seiner Kunst genauso ihren Platz wie trotzige Schönfärberei. Mit ihr verklärt er die Tristesse des Vorstadtlebens zum Glück, als gelte es, Adornos Diktum „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“zu widerlegen.
„Lebe im Hier und Jetzt“
Lustig flogen seine weizenblonden Zöpfe, prasselten unanständige Angebote aus seinem Mund: „Gucci und Prada aus dem Kofferraum vom Lada, 4-Streifen-Adidas, Edition Antalya. Pelzplagiat, Kippen vom Polenmarkt, Weinbrand gepanscht mit feinstem Cognac-Imitat.“Romano, als Roman Geike in der DDR sozialisiert, hat als Kind sicher das Schild „Heute keine Ware“in den Auslagen gesehen. Wie damals dem Mangel steht er heute dem Überfluss gelassen gegenüber. „Lebe im Hier und Jetzt. Alles, was du dir wünschst, das hast du längst schon. Nichts ist dauerhaft in der Außenwelt der Formen“, sang er fast buddhistisch in „Ufo Joe“.
Dann zelebrierte er doch wieder das kleine Glück: die „Metalkutte“, den „Sekt an der Champagner-Bar“im Forum Köpenick, einem pseudonoblen Einkaufscenter. Leicht angeschickert ging es zum Rummel: „Alle wollen Raupe fahren“deklamierte Romano zu flackernden Kirmessounds. Schließlich die Hits: das grimmige „Brenn die Bank ab“, das groovige „Köpenick“, das skurrile „Der schöne General“. Brüllende Ekstase bei „Mutti“, einem Hohelied auf die wilde Frau Mama, eine Königin der Vorstadt, die keine Widerworte duldet und zuweilen ohne Portemonnaie einkaufen geht.
Seine Fans liebt Romano noch mehr: „Ich will auch alle heiraten“, bekannte er mit hypermobiler Zunge. Aus dem Dunkel schallte vielstimmiges „Ja, ich will!“zurück. Das kleine Glück, ganz groß.