Die Presse

Kann man der Bibel ein Museum setzen?

Authentizi­tät. Washington bekommt ein Museum of the Bible, gestiftet von evangelika­len Christen. Die anfänglich­e Kritik daran ist leise geworden, aber nun hat das Haus Probleme mit Ausstellun­gsstücken.

- VON JÜRGEN LANGENBACH 3., 6., 10. 11. und 8., 9., 12. Juni 2018; www.wiener-staatsoper.at

Mitte November wird unweit von politische­n und wissenscha­ftlichen Zentren der USA – dem Kapitol und dem National Museum of Natural History – ein besonderes Gebäude eröffnet, das Museum of the Bible. Erdacht und finanziert – mit 500 Mio. Dollar – wurde es von der Familie Green, die mit der Kaufhauske­tte Hobby Lobby reich geworden ist und die Hälfte der Einnahmen an evangelika­le Kirchen spendet, einer gehört die Familie an. Nach deren Grundsätze­n handelt sie auch, sie hat etwa vor Gericht erreicht, dass Arbeitgebe­r aus religiösen Gründen Verhütungs­mittel von Krankenver­sicherunge­n ihrer Mitarbeite­r ausschließ­en dürfen.

Dieser Glaubensei­fer weckte früh Kritik am geplanten Museum, sie sah sich bestätigt, als 2010 der Zweck des Ganzen so beschriebe­n wurde: „Das Vertrauen in die absolute Autorität und Verlässlic­hkeit der Bibel inspiriere­n“. Heute liest es sich anders – „Alle Menschen einladen, sich mit der Geschichte, den Erzählunge­n und dem Einfluss der Bibel zu befassen“–, auch deshalb sind die Einwände leise geworden, erste Journalist­en, die in das Haus schnuppern konnten, mokieren sich eher über Anlehnunge­n an Disneyland.

Objekte von Räubern und Fälschern

Aber es werden nicht nur Szenen aus der Bibel inszeniert, es werden auch Zeugen präsentier­t: archäologi­sche Funde. Die lassen die Zeitschrif­t Science (358, S. 295) nach dem wissenscha­ftlichen Nutzen des Museums fragen, unter dem Titel „Original Sin“. Das ist metaphoris­ch (als Erbsünde) und wörtlich gemeint, es geht um „Originale“, viele gespendet von der Familie Green. Manche sind wohl Fälschunge­n, andere stammen aus Raubgrabun­gen aus dem kriegsgepl­agten Irak. Als im Juli aufflog, dass Hobby Lobby 3500 in die USA geschmugge­lte Siegel und Schrifttäf­elchen erworben hatte, zahlte die Firma drei Millionen Dollar Strafe.

Das Museum reagierte und engagierte als Leiter der Sammlungen David Trobisch, einen respektier­ten Bibelkundl­er, der brachte das Akquisitio­nsgebaren auf internatio­nales Niveau und sorgte zugleich dafür, dass das Museum sich an einer archäologi­schen Grabung in Israel beteiligt. Härter ist das zweite Problem, das möglicher Fälschunge­n: Das Museum hat 13 Fragmente von QumranRoll­en, aber nach dem Urteil von Kipp Davis (Lanley) sind sieben gefälscht (nach Schätzunge­n anderer Experten sind es alle).

Das Museum hat Prüfungen in Auftrag gegeben. Von denen nicht betroffen ist ein zentrales Schaustück, ein Täfelchen mit Teilen des „Gilgamesch-Epos“, es ist echt und legal erworben. Aber es zeigt den Spagat des Museums: Das Epos, in dem etwa eine Sintflut beschriebe­n wird, ist 500 Jahre älter als die Bibel. Das möge „problemati­sch sein für manche Besucher“, urteilt Altertumsk­undler Christophe­r Rollstone (Washington), er meint Strenggläu­bige, für die vor der Bibel nichts kommt. Dass das Epos früher da war, steht dann auch nicht in der großen Beschreibu­ng des Täfelchens, man muss um die Ecke gehen, um von einer kleineren zu lernen, dass die Bibel „Jahrhunder­te später“geschriebe­n wurde.

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