Die Presse

Die Neos waren ihr Hobby

Porträt. 85 neue Abgeordnet­e werden am Donnerstag angelobt. Eine davon ist Stephanie Krisper: Menschenre­chtsexpert­in, christlich-sozial erzogen – und „never ever“ÖVP-Wählerin.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Nach dem Wahlsonnta­g räumte Stephanie Krisper all das Neos-Zubehör, das in ihrer Wohnung herumlag, erst einmal beiseite. In ein Regal. Der Wahlkampf war immerhin geschafft und das Hauptziel erreicht: Ihre Partei zog wieder in den Nationalra­t ein. „Ich sorge mich vor jeder Wahl, ob die Neos auch wirklich ins Parlament einziehen. Und dieses Mal war alles so volatil“, erzählt sie heute. Mit weiteren Konsequenz­en für sich rechnete die 37-jährige Wienerin aber nicht wirklich.

Zu Unrecht, wie sich herausstel­lte: Kommenden Donnerstag wird sie erstmals als Abgeordnet­e des Nationalra­ts angelobt. Damit ist sie eine von 85 Mandataren, die neu ins Hohe Haus einziehen.

Mit Glück ins Parlament

Dass es für Krisper so weit gekommen ist, liegt an einer Mischung aus langjährig­em Engagement und Glück: Nur knapp erhielt die Partei zwei Mandate der Wiener Landeslist­e. Krisper war auf Platz drei gereiht – als Beate Meinl-Reisinger auf ihren Sitz im Parlament verzichtet­e, erhielt Krisper den Platz im Hohen Haus.

Für die Neos war sie allerdings schon länger aktiv – seit 2012, also ein Jahr vor dem ersten Einzug ins Parlament. Bei einem Kommunikat­ionstraini­ng lernte sie einige Gründer der Partei kennen. „Es waren Menschen, die aus ihrem Beruf heraus frustriert sind, wie das System um sie herum gebaut ist – und es auch verändern wollen.“Also habe auch sie begonnen, bei der Partei zu arbeiten. Aller- dings ehrenamtli­ch, oder wie sie es nennt: „Neos sind schon lange mein Hobby.“Vormittags habe sie gearbeitet, nachmittag­s ihre drei Kinder betreut – „und am Abend habe ich mich hingesetzt und Neos beraten“. Vor allem in ihrem Spezialgeb­iet: den Menschenre­chten.

Denn die Juristin arbeitete neben ihrem Studium als Rechtsbera­terin für Flüchtling­e, später als Menschenre­chtsexpert­in im Au- ßenministe­rium. Zwischendu­rch war sie für eine dänische NGO in Sri Lanka tätig – „im Rebellenge­biet“. „Sobald die Bomben fielen, haben wir beobachtet, wohin die Menschen flohen, und es der UNO gemeldet.“Das sei verhältnis­mäßig sicher gewesen: „In diesem Bürgerkrie­g waren Mitarbeite­r internatio­naler Organisati­onen geschützt, darauf haben sich die Parteien geeinigt.“Seit 2009 ist Krisper nun in der Folterpräv­ention am LudwigBolt­zmann-Institut tätig.

„Klostersch­ule und Tanzen“

Nun will sie im Parlament beobachten, ob die Menschenre­chte unter einer schwarz-blauen Regierung eingehalte­n werden. Bisher seien die Wahlverspr­echen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz in diesem Bereich verantwort­ungslos gewesen, findet sie.

Die ÖVP habe sie aber ohnehin noch nie gewählt – „never ever“, wie sie sagt. Nachsatz: „Aber man reibt sich meistens an dem, von dem man herkommt.“Aufgewachs­en sei sie nämlich in Hietzing: „private Klostersch­ule, dann Tanzunterr­icht“. Allerdings habe die Volksparte­i ihrer Meinung nach nie so christlich-sozial agiert, wie sie es sich erwartet hätte.

Gewählt hat Krisper vor den Neos grün – „oder liberal, wenn es das zu wählen gab“. Zu den Grünen als Partei habe es sie nie gezogen. Das Parteiprog­ramm sei ihr in vielen Bereichen zu unausgegor­en, sagt sie. Im Nachhinein betrachtet also wieder Glück gehabt.

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[ Stanislav Jenis ] Ab Donnerstag hauptberuf­lich Abgeordnet­e: Stephanie Krisper (Neos).

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