Das geheime Bin-Laden-Dossier
Al-Qaida. Die CIA gibt weiteres Material des 2011 getöteten Terrorchefs Osama bin Laden frei. Darin geht es um Differenzen im Extremistennetzwerk – und US-Zeichentrickfilme.
ort, Paterson, einer Vorstadt New Yorks in New Jersey und mit seinen Moscheen und Restaurants ein vitales Zentrum muslimischen Lebens, mehrere Übungsfahrten.
Bekannte Saipevs sprechen von einem unsteten Leben, von Umzügen und Unzufriedenheit, von wachsender Aggressivität und „inneren Dämonen“. Er erzählte Freunden von Rückkehrplänen nach Usbekistan, nachdem seine beruflichen Ambitionen gescheitert seien. Seine Kenntnisse des Korans seien nur rudimentär gewesen, erklärte ein Imam in Florida.
Auf Saipevs Handy fanden die Ermittler Tausende Fotos und Videos mit IS-Terrormotiven. Zum Attentat angeregt habe ihn Abu Bakr al-Baghdadi, der selbst ernannte Führer des gerade kollabierenden „Kalifats“in Syrien und im Irak. Im ausgeliehenen Pick-upTruck hinterließ der Attentäter eine handschriftliche, auf Arabisch und Englisch verfasste Notiz – ein islamisches Stoßgebet. All dies wird beim Prozess eine Rolle spielen.
Für Donald Trump stehen bei seiner zehntägigen Asien-Reise, zu der er heute via Hawaii aufbricht, indessen nicht der Terror und die Justiz im Vordergrund, sondern die Außen- und Wirtschaftspolitik. Wien/Washington. Es wirkt bizarr, wofür sich der weltweit gefürchtete Anführer des Terrornetzwerks alQaida noch so alles interessiert haben soll: Trickfilme wie „Cars“seien auf der Festplatte von Osama bin Ladens Computer gefunden worden, eine Anleitung zum Häkeln und das YouTube-Video „Charlie bit my finger“– es zeigt ein Baby, das seinen Bruder in den Finger beißt. Das geht zumindest aus dem Material hervor, das der US-Geheimdienst CIA nun veröffentlicht hat. Es umfasst weitere 470.000 Dokumente, die US-Soldaten bei der Erstürmung von bin Ladens Versteck am 2. Mai 2011 sichergestellt haben. Der al-QaidaFührer war bei der US-Kommandoaktion im pakistanischen Abbottabad erschossen worden.
Das Material gibt freilich nicht nur preis, was bin Laden privat gern gesehen haben soll. Laut Geheimdienst liefert es Aufschluss über die Entwicklungen im alQaida-Netzwerk, die internen Diskussionen und Streitigkeiten, die in späterer Folge – zwei Jahre nach bin Ladens Tod – zur Abspaltung des sogenannten Islamischen Staates (IS) geführt haben.
Die al-Qaida-Kommandanten in Pakistan und Afghanistan hatten schon mit der Vorgängerorganisation des IS, der sogenannten al-Qaida im Irak, immer wieder Meinungsverschiedenheiten. Abu Musab alZarqawi, der Chef von al-Qaida im Irak, hatte erst relativ spät den Treueeid auf bin Laden geleistet. Und auch danach verfolgte Zarqawi weiter seine eigene Strategie. Hauptziel seiner Anschläge waren Iraks Schiiten. In der alQaida-Führung war das umstritten. Sie forderte ihn auf, statt des Terrorfeldzuges gegen die Schiiten die Kräfte im Kampf gegen die USTruppen im Irak zu bündeln – jedoch vergeblich. Im Juni 2006 starb Zarqawi bei einem gezielten US-Luftangriff. Rund um die Aktion ranken sich Gerüchte, Zarqawi sei durch Verrat innerhalb von al-Qaida aufgespürt worden. In den nun von der CIA freigegebenen Dokumenten Osama bin Ladens findet sich auch ein Video von der Hochzeit Hamza bin Ladens, eines der Söhne des al-QaidaFührers. Hamza soll 1989 geboren worden sein. Seit Anfang 2017 steht auch er auf der US-Terrorliste. In ihrer Propaganda versucht al-Qaida Hamza bin Laden als Nachfolger seines Vaters aufzubauen – als Chef einer neu aufgestellten Organisation in Syrien und vielleicht auch als Anführer eines weltweiten Netzwerkes.